Wieviel Futter braucht eine Wasserschildkröte?

Pflanzliche Kost

Pflanzliche Nahrung, in Form von Wasserpflanzen, Wildkräutern oder Salaten, kann eine Schildkröte so viel fressen wie sie möchte. Eine Wasserschildkröte sollte daher immer eine Auswahl an Futterpflanzen im Aquarium vorfinden, um sich bei Bedarf daran bedienen zu können. Eine größere Hieroglyphen-Schmuckschildkröte schafft zum Beispiel innerhalb von wenigen Tagen einen ganzen Salatkopf aufzufressen!

Wasserschildkröten, wie diese Rückenstreifen-Zierschildkröte, können so viele Pflanzen fressen wie sie wollen.

Einmal pro Woche können Möhren gefüttert werden. Auch hiervon können Wasserschildkröten soviel bekommen wie sie innerhalb eines Tages schaffen.

Tierische Nahrung

Anders sieht es mit tierischen Futtermittel und insbesondere Pellets aus. Diese müssen unbedingt rationiert werden. Um eine Futtermenge festzulegen, kursieren verschiedenste Regeln im Internet. Diese möchte ich hier kurz vorstellen:

Die Kopf-Regel

In Schildkrötenkreisen oft genannt wird die „Kopf-Regel“, sie besagt, dass man einer Wasserschildkröte täglich nicht mehr tierisches Futter geben soll als es dem Volumen ihres Kopfes entspricht. Angeblich weil der Magen einer Schildkröte ebenso groß ist.

Bei den Höckerschildkröten gibt es breitköpfige Arten, wie die linke Barbours Höckerschildkröte (Graptemys barbouri) und schmalköpfige Arten, wie die rechte Schwarzknopf-Höckerschildkröte (Graptemys nigrinoda nigrinoda).

Nun, auf dem folgenden Bild sind zwei gleich große Höckerschildkröten abgebildet, ihre Köpfe sind allerdings „leicht“ unterschiedlich groß. Rechts eine schmalköpfige Schwarzknopf-Höckerschildkröte (Graptemys nigrinoda nigrinoda) und links eine Falsche Landkarten-Höckerschildkröte (Graptemys pseudogeographica pseudogeographica), die zu den Arten mit mittelgroßen Köpfen gehört.

Eine breitköpfige und eine schmalköpfige Höckerschildkröte im Vergleich

Ich möchte ja gar nicht sagen dass die Kopf-Regel grundsätzlich falsch ist, aber anhand des Fotos dürfte klar sein dass sie ihre Macken hat. Bei gleicher Panzerlänge und nahezu identischem Gewicht würde das linke Tier die vierfache Futtermenge bekommen sollen?

Für Buchstaben-Schmuckschildkröten (Trachemys scripta) und Echte Schmuckschildkröten (Pseudemys) passt die Kopf-Regel ganz gut. Bei den Höckerschildkröten sollten die kleinköpfigen Arten etwas mehr und die breitköpfigen Arten etwas weniger bekommen. Auch viele Moschusschildkröten haben riesige Köpfe, sollten daher ebenfalls etwas weniger Futter bekommen, als es dem Kopfvolumen entspricht.

10 Minuten

Eine andere Möglichkeit ist es nur soviel zu füttern wie in zehn Minuten zügig aufgefressen wird. Übriges Futter wird wieder abgefischt, mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür, wieviel Futter die Schildkröten in der Zeit schaffen.

satt füttern

Einige Halter:innen füttern ihre Wasserschildkröten bis sie satt sind und kein Futter mehr zu sich nehmen. Dafür bekommen diese Schildkröten dann jedoch nicht täglich Futter. Selbst Jungtiere werden hierbei nur alle zwei Tage gefüttert. Größere Schmuckschildkröten bekommen dann sogar nur ein- bis zweimal pro Woche tierische Futtermittel.

Täglich füttern?

Wasserschildkröten sollten täglich Grünfutter erhalten. Tierische Futtermittel müssen nicht jeden Tag gereicht werden, wie oft sie gefüttert werden, hängt von der Wasserschildkröten-Art ab und dem Anteil tierischer Futtermittel in der Natur. Dazu gibt es Informationen beim Menüpunkt Anteil pflanzlicher Nahrung oder beim Futterplan.

Wissenschaftliche Untersuchungen

Die Quantifizierung der aufgenommenen Futtermenge ist eine der Grundfragen der Tierernährung. So gibt es auch bei Schildkröten Untersuchungen zum täglich aufgenommenen Futter. Diese Angaben beziehen sich in der Regel auf die Trockensubstanz (es wurde also das Wasser rausgerechnet). Als Bezugsgröße wird meist das Körpergewicht herangezogen.

Für die Chinesische Weichschildkröte (Pelodiscus sinensis) wird eine Futteraufnahme von 4 % der Körpergewichtes als ideal angesehen (LEI 2006). Das bedeutet, dass eine 100 g schwere Weichschildkröte 4 g Trockensubstanz zu sich nehmen sollte. Das entspricht etwas weniger als 5 g getrockneten Bachflohkrebsen (welche zu etwa 90 % aus Trockensubstanz und 10 % Wasser bestehen) oder 16 g Fischfilet (mit 25 % Trockensubstanz bzw. 75 % Wasser).

Bei der Zierschildkröte (Chrysemys picta) wurde die Futteraufnahme in Abhängigkeit von der Temperatur untersucht, auch hier sind die Daten in Trockensubstanz (TS) pro Kilogramm Körpermasse (KM) angegeben (KEPENIS & McMANUS 1974).

TemperaturTS-Aufnahme
20 °C1,25 g/kg KM
25 °C3,37 g/kg KM
30 °C3,68 g/kg KM
35 °C5,01 g/kg KM

Was bedeuten diese Zahlen? Umgerechnet würde eine 1 kg schwere Zierschildkröte etwa 4 g getrocknete Bachflohkrebse oder 100 g Salat (mit etwa 4 % Trockensubstanz (bzw. 96 % Wasser) fressen.

Für die Florida-Rotbauch-Schmuckschildkröte (Pseudemys nelsoni) stellte BJORNDAL (1986) eine Futteraufnahme von 2,8 g TS/kg KM für einzeln gehaltene Jungtiere fest. Lebten sie hingegen in einer Gruppe, so stieg die Futteraufhame auf 4,1 g TS/kg KM.

Literatur

Bjorndal (1986): Effect of solitary vs. group feeding on intake in Pseudemys nelsoni. – Copeia: 234-235.

Lei, S. J. (2006): Effects of ration level and feeding frequency on digestibility in juvenile soft-shelled turtle, Pelodiscus sinensis. – Journal of Zhejiang University SCIENCE B, 7(7), 580-585.

Kepenis, V., & McManus, J. J. (1974): Bioenergetics of young painted turtles, Chrysemys picta. – Comparative Biochemistry and Physiology Part A: Physiology, 48(2), 309-317.