Nackenstreifen-Moschusschildkröte, Sternotherus minor peltifer

Kopfportrait einer männlichen Sternotherus minor peltifer

Die Kleine Moschusschildkröte (Sternotherus minor ssp.) hat zwei Unterarten:

  • Die Zwerg-Moschusschildkröte, Sternotherus minor minor
  • Die Nackenstreifen-Moschusschildkröte, Sternotherus minor peltifer  

SCOTT et al. (2018) sind bei ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die beiden Unterarten einen eignen Artstatus haben. Demnach wäre die Zwerg-Moschusschildkröte in der neuen Taxonomie Sternotherus minor und die Nackenstreifen-Moschusschildkröte Sternotherus peltifer. Aktuell ist die Arbeit jedoch weder anerkannt noch widerlegt, weswegen wir bei der bisher anerkannten Taxonomie bleiben. 

In diesem Haltungsbericht geht es um die seltener gepflegte Nackenstreifen-Moschusschildkröte. Sie wurde 1947 von SMITH & GLASS erstmals beschrieben. Für viele gilt sie als die schönste Moschusschildkröte überhaupt. Das liegt sicherlich im Auge des Betrachters, ihre Streifenzeichnung im Nacken sowie ihre geringe Größe machen sie für die Aquarienhaltung jedoch äußerst attraktiv. 

Verbreitung

Alle Moschusschildkröten stammen aus Nordamerika – so auch die Nackenstreifen-Moschusschildkröte. Laut SCHILDE (2001) und ERNST & LOVICH (2009) bewohnt sie ein Verbreitungsgebiet von Südwest-Virginia, den westlichen Bereich von North Carolina, Ost-Tennessee und gesamt Alabama bis zum Pearl River im südlichen Zentral-Mississippi und dem benachbarten Washington Parish, Louisiana. 

Größe & Aussehen

Sternotherus minor peltifer ist flacher und graziler gebaut als Sternotherus minor minor. Dadurch ist diese Unterart besser an das Leben im Fließgewässer mit steinigem Untergrund angepasst. In dem Standardwerk über nordamerikanische Wasserschildkröten, Turtles of the United States and Canada von ERNST & LOVICH (2009), werden als Maximalgröße 11,7 cm angegeben. Solch große Tiere findet man jedoch nur äußerst selten, die meisten Tiere sind mit rund 10 cm ausgewachsen. Einen Unterschied zwischen den Geschlechtern gibt es nicht. Schlüpflinge der Nackenstreifen-Moschusschildkröte sind rund 22-30 mm lang und wiegen zwischen 0,68-3,3 g. Der Plastron (Bauchpanzer) junger Sternotherus minor peltifer ist gelblich-orange. 

Eine ausgewachsene männliche Nackenstreifen-Moschusschildkröte

Unterscheidung der Geschlechter

Die Geschlechtsunterscheidung bei Sternotherus minor peltifer ist identisch mit der Geschlechtsbestimmung der anderen Moschusschildkröten-Arten: Die männlichen Tiere besitzen einen längeren und dickeren Schwanz als ihre weiblichen Artgenossen. Eine Geschlechterdichotomie in Form, Größe oder Färbung liegt kaum vor, Männchen wirken lediglich etwas schmaler und flacher, was jedoch erst bei einem direkten Vergleich auffällt. Laut SCHILDE (2001) lassen sich die Geschlechter ab einer Größe von 5 cm gut unterscheiden.

Ernährung

Anders als Sternotherus minor minor frisst Sternotherus minor peltifer nicht bei Nacht; am meisten fressen sie in den Morgenstunden. FOLKERTS (1968) konnte als Hauptfutter Schnecken und Insekten finden. Es wurden aber auch Algen, Krebse, Muscheln, Spinnen und Fische aufgenommen. GUNTERMANN (1998) konnte ein ausgewachsenes Weibchen dabei beobachten, wie es einen gleichgroßen toten Fisch anfraß, wodurch darauf geschlossen werden kann, dass auch Aas gefressen wird. In ERNST & LOVICH (2009) wird beschrieben, dass eine von Roger W. BARBOUR gehaltene Zwerg-Moschusschildkröte andere Schildkröten der Schmuckschildkröten-Verwandtschaft und auch Moschusschildkröten tötete und aß. Kannibalistisches Fressverhalten ist bei beiden Unterarten bekannt. 

Auch Lebendfutter ist ein wichtiger Bestandteil der artgerechten Ernährung

Lebensweise

Moschusschildkröten sind keine allzu großen und ausdauernden Schwimmer. Zwar ist es ein alter Unkenruf in der Schildkrötenhaltung, Schlammschildkröten könnten nicht schwimmen: Sie können es, ohne jede Frage. Doch laufen sie in der Natur mehr auf dem Boden umher und suchen nach Nahrung. Sie schwimmen nur, um kurzfristig schneller eine größere Distanz zu überwinden, beispielsweise bei der Flucht vor Feinden. Nach ERNST & LOVICH (2009) sind Sternotherus minor peltifer eher Fluss- und Bachbewohner; jedoch kommen sie auch in Stauanlagen häufig vor. Die Flüsse und Bäche sind meist 0,5-1,5 m tief, jedoch wurden Tiere auch in Seen mit 5 m Tiefe gefunden. Sie leben dort unter Baumstümpfen und dem Uferbereich. 

Haltung

Jungtiere können direkt von Beginn an in einem großen Becken leben, solange dieses gut strukturiert ist. Einfacher ist es jedoch wenn Baby-Moschusschildkröten zunächst in einem kleinen Aquarium gepflegt werden. Der Wasserstand darf ruhig 15 cm und mehr betragen, jedoch muss sich das Tier an diesen Wasserstand gewöhnen können. Es sollte also zunächst bei niedrigerem Wasserstand gehalten werden. Dieser wird dann über mehrere Tage und Wochen hinweg langsam erhöht (beispielsweise einen Zentimeter pro Tag). Bei Jungtieren muss definitiv die Möglichkeit bestehen, dass die Wasseroberfläche leicht kletternd zu erreichen ist. Hierfür eignen sich vor allem größere Wurzeln.

Eine wenige Wochen altes Jungtier der Nackenstreifen-Moschusschildkröte

Auch ausgewachsene Tiere sind aufgrund ihrer geringen Größe ideal für die Aquariumhaltung geeignet. Hierfür eignen sich Becken ab 112 Liter (also Becken mit dem Standardmaß 80 x 35 x 40 cm), besser noch Becken ab einem Meter Länge. Je länger und breiter das Becken ist, umso wohler fühlt sich die Schildkröte.

Wie bereits erwähnt sind sie keine ausdauernden Schwimmer und laufen den Großteil des Tages umher und suchen nach Futter oder erkunden neugierig die Umgebung. Dennoch sollte der Wasserstand rund 30 cm betragen, damit die Möglichkeit zum Schwimmen besteht, welche durchaus regelmäßig genutzt wird. So wird die Gesamtfläche ebenfalls vergrößert. Durch Wurzeln und Pflanzen muss dem Tier jedoch die Möglichkeit geboten werden, die Wasseroberfläche auch kletternd zu erreichen. Das Becken sollte also gut bepflanzt und strukturiert sein: Wenn man die Wasserschildkröte immer auf den ersten Blick sieht, ist das ein Zeichen dafür, dass noch mehr Pflanzen und sonstige Versteckmöglichkeiten ins Becken eingebracht werden sollten. Zur Strukturierung des Aquariums eignen sich halbierte Tontöpfe, die ins Becken gelegt werden – darin können sich die Schildkröten gleichzeitig schutzsuchend verstecken. Außerdem sollten Wurzeln, Äste und Steine vorhanden sein. Durch die Dekoration des Beckens wirkt dieses nicht nur schöner, sondern kommt auch dem natürlichen Habitat der Tiere näher und dient als Beschäftigung, wenn das Tier das Aquarium Tag für Tag aufs Neue erforscht. Zur Bepflanzung des Aquariums können alle im Zoogeschäft in der Aquaristikabteilung angebotenen Pflanzen verwendet werden. Diese sollten ausgiebig ins Becken eingebracht werden. Schwimmpflanzen (also z.B. Wasserlinsen, Muschelblumen, Wassersalat, Froschbiss) bieten Schutz für juvenile und adulte Tiere. Außerdem übernehmen sie eine Filterleistung und ziehen Nährstoffe aus dem Wasser und dienen als Nahrung. Zusätzlich dunkeln sie den Wasserbereich ab, was der Nackenstreifen-Moschusschildkröte entgegenkommt.

Moschusschildkröten sind aufmerksame Beobachter ihrer Umgebung

Als Bodengrund hat sich eine Sandschicht bewährt, die eine gewisse Tiefe haben sollte, denn dieser wird auch gerne bei der Futtersuche durchwühlt, einzelne Individuen buddeln sich darin auch ein. Sternotherus minor peltifer nutzen einen Sonnenplatz durchaus – nicht nur Weibchen, die vor der Eiablage stehen. Allerdings wird er bei weitem nicht so oft und lange aufgesucht, wie man es von Schmuck- und Höckerschildkröten kennt; Algen auf dem Panzer sind also auch bei Moschusschildkröten nicht selten. Der Landteil für die Jungtiere und männliche Moschusschildkröten kann schon eine Zierkorkröhre sein, die zwischen Vorder- und Rückwand des Aquariums eingeklemmt wird, oder eine Weidenholzbrücke, die ins Becken gehangen wird. Oftmals sonnen sich die Schildkröten auch im Flachwasserbereich unter der Wasseroberfläche. Durch den ins Wasser ragenden Aufstieg einer Weidenholzbrücke kann so ein bequemer Sonnenplatz unter Wasser und an Land geboten werden. Für weibliche Tiere muss in jedem Fall ein Eiablageplatz eingebracht werden.

Beleuchtung und Filterung unterscheiden sich bei dieser Art nicht von dem, was generell zur Haltung von Wasserschildkröten üblich und notwendig ist. Eine gute Filterung ist demnach ebenso wie eine ordentliche Beleuchtung Pflicht. Der Landteil muss mit Hilfe einer HQI-Lampe (die auch einen UV-B- Anteil hat) auf 40-45°C erwärmt werden. Für Moschusschildkröten genügt eine 35 Watt-HQI, beispielsweise die Exo Terra Sun Ray* oder Solar Raptor HID*.

Strukturelemente wie Wurzeln werden sehr gerne angenommen

Alle nordamerikanischen Wasserschildkröten müssen aufgrund der niedrigen Temperaturen während des Winters im Verbreitungsgebiet kühl überwintert werden. Für die Nackenstreifen-Moscusschildkröte ergibt sich dabei folgender Jahreszyklus: Die Wassertemperatur schwankt im Laufe des Jahres, am wärmsten ist es im Juli und August mit bis zu 28 °C, zu dieser Zeit sollte die Beleuchtungslänge etwa 13 Stunden am Tag betragen. Dann wird es kontinuierlich kälter und die Beleuchtungslänge verkürzt sich stetig, im Winter sind es für etwa drei Monate nur 10-15 °C, nach der Überwinterung erhöht man Monat für Monat die Wassertemperatur um einige Grad, bis man wieder den Hochpunkt im Sommer erreicht hat.

Ein Jahresrhythmus könnte beispielsweise wie folgt aussehen:

MonatLicht-
Länge
Wasser-
Temp.
Januar0 h10-15 °C
Februar0h10-15 °C
März6 h17-20 °C
April8 h21 °C
Mai10 h24 °C
Juni13 h27 °C
Juli13 h28 °C
Aug.11 h28 °C
September10 h25 °C
Oktober8 h22 °C
November5/3/1/0 h17-20 °C
Dezember0 h10-15 °C

Gruppenhaltung

Bei Sternotherus minor peltifer ist von einer Gruppenhaltung entschieden abzuraten. Die Tiere sind innerhalb ihrer Art ziemlich unverträglich – selbst Jungtiere sollten einzeln aufgezogen werden. Auch die Vergesellschaftung mit anderen Moschus- oder Klappschildkröten funktioniert nicht. Bei einigen Halter:innen funktioniert die gemeinsame Haltung von Nackenstreifen-Moschusschildkröten mit Tropfenschildkröten (Clemmys guttata), jedoch sollte dieses Experiment erst bei semiadulten Tieren probiert werden und dann auch nur unter ständiger Beobachtung. Bei den kleinsten Anzeichen von Stress oder Aggressivität müssen die Tiere umgehend getrennt werden. 

Auch Jungtiere sollten einzeln aufgezogen werden – für Fotozwecke kann man sie jedoch kurzfristig zusammensetzen

Literaturauswahl 

BUHLMANN, Kurt, TUBERVILLE, Tracey & GIBBONS, J. Whitfield (2008): Turtles of the Southeast. – Georgia (The University of Georgia Press): 252 S.   

ERNST, Carl H. & LOVICH, Jeffrey E. (2009): Turtles of the United States and Canada – Second Edition. –  Baltimore (The John Hopkins University Press): 827 S.   

FOLKERTS, G.W. (1968): Food habits of the striped-necked musk turtle, Sternotherus minor peltifer SMITH and GLASS. – J. Herpetol. 2: 171-173.   

PEMPELFORT, Hendrik (2016a): Wie groß ist groß genug? Zur Frage der richtigen Beckengröße bei der Haltung von Wasserschildkröten. – Marginata, Münster, 14 (3): 10-17.  

PEMPELFORT, Hendrik (2016b): Konkret und aus der Praxis: Beckengrößen für die artgerechte Haltung von Wasserschildkröten am Beispiel der Unterfamilien der Eigentlichen Schlammschildkröten (Kinosterninae) und der Schmuckschildkrötenartigen (Deirochelynae). – Marginata, Münster 14 (3): 18-23.  

PEMPELFORT, Hendrik (2016c): Die Größe von Aufzuchtbecken juveniler Wasserschildkröten. – Marginata, Münster, 14 (3): 24-30.  

PEMPELFORT, Hendrik (2018a): Schlammschildkröten – Eine Einführung. – Radiata 27 (1): 4-9.  

PEMPELFORT, Hendrik (2018b): Die Aufzucht juveniler Schlammschildkröten. – Sacalia 16 (3): 28-41.  

SCHAFFER, Gerhard (2005): Die Aufzucht von Jungtieren verschiedener Arten der Moschusschildkröten. – Marginata, Münster, 2 (1): 54-56.  

SCHILDE, Maik (2001): Schlammschildkröten: Kinosternon, Sternotherus, Claudius und Staurotypus. – Münster (Natur und Tier – Verlag): 133 S.  

SCOTT, P.A., T.C. GLENN & L.J. RISSLER (2018): Resolving taxonomic turbulence and uncovering cryptic diversity in the musk turtles (Sternotherus) using robust demographic modeling. Mol. Phylogenet. Evol., Orlando, 120: 1-15.  

WAPELHORST, Xaver (2017): Wasserschildkröten-Fibel*. – Ettlingen (Dähne-Verlag): 95 S. 

Autor und Copyright: Hendrik Pempelfort