Thiaminase & Vitamin B

B-Vitamine

Die B-Vitamine gehören zu den wasserlöslichen Vitaminen, im Gegensatz zu den fettlöslichen Vitaminen (A, D, E, K). Wie alle wasserlöslichen Vitamine werden B-Vitamine im Dünndarm resorbiert. Der Körper kann sie nicht selbst herstellen, sondern ist auf die Zufuhr mit der Nahrung angewiesen.

Vitamin B1 – Thiamin

Thiamin ist ein wichtiges Vitamin für den Kohlenhydratstoffwechsel, die Schilddrüsenfunktion und für die normale Funktion von Nerven nötig. Bei einem Mangel kommt es zu Krankheiten mit so klangvollen Namen wie Beriberi oder Sternenguckerkrankheit. Ein klassisches Zeichen für einen Thiaminmangel ist ein rückwärts gewendeter Kopf und Hals (als würde die Schildkröte in den Himmel gucken), außerdem kann es zu Störungen der Bewegungskoordination und einer verminderten Schlupfrate kommen.

Vitamin B1 bzw. Thiamin ist das wichtigste B-Vitamin bei Wasserschildkröten

Vitamin B2 – Riboflavin

Riboflavin ist als Enzym für die Steuerung biologischer Oxydationsvorgänge nötig. Gesunde Schildkröten haben daran eigentlich nie einen Mangel. Beim Menschen kommt es bei Riboflavinmangel zu Hautproblemen.

Vitamin B3 – Niacin, Nicotinsäure

Aus der Aminosäure Tryptophan kann Nikotinsäure gebildet werden. Zu einem Mangel kommt es vor allem, wenn die Ernährung vorrangig auf Mais (und Getreide) beruht, denn die dort enthaltene Nicotinsäure liegt in einer Verbindung vor, die vom Körper nicht aufgenommen werden kann. Daher spielt Niacinmangel bei artgerecht ernährten Schildkröten keine Rolle.

Vitamin B5 – Panthothensäure

Panthothensäure ist Bestandteil des Coenzym A und hat damit im Stoffwechsel eine zentrale Rolle, dennoch sind mir keine Beschreibungen eines Mangels bei Schildkröten bekannt.

Vitamin B6 – Pyridoxin

Pyridoxin ist wichtig für den Aminosäurestoffwechsel und bei der Bildung des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin), außerdem hat es Einfluss auf das Immunsystem. Bei einem Mangel ist zum Beispiel Blutarmut eine denkbare Folge, es sind mir aber keine bei Schildkröten beschriebenen Fälle bekannt.

Vitamin B12 – Cobalamin

Während wasserlösliche Vitamine für gewöhnlich nicht gespeichert werden, trifft das auf Vitamin B12 nicht zu, es wird in der Leber gespeichert, so dass auch nach längerer Unterversorgung keine Mangelsymptome auftreten. Cobalamin ist wichtig bei der Neubildung von Zellkernen, bei einem Cobalaminmangel kommt es zu einer Verringerung der Zellteilung im Knochenmark und dadurch zu Blutarmut. Bei Schildkröten sind mir keine Fälle bekannt.

Bedarf an B-Vitaminen

Über den Bedarf von B-Vitaminen bei Schildkröten ist nicht viel bekannt, lediglich für die Chinesische Weichschildkröte gibt es ein paar Daten zum nötigen Vitamin-Gehalt im Futter:

Thiamin (B1)5,4-6,5 mg/kgTSAI & HUANG 2019
Riboflavin (B2)180 mg/kgJUNWEI et al. 2016
Vitamin B670 mg/kgJUNWEI et al. 2016

Thiaminase

Thiaminase ist ein Enzym, ein sogenanntes Antivitamin. Dieses Enzym zerstört das Vitamin Thiamin, welches auch Vitamin B1 genannt wird. Die anderen B-Vitamine werden hingegen nicht beeinflusst. Das bedeutet, selbst wenn im Futter genügend Vitamin B1 ist, hat die Schildkröte davon nichts, weil das Enzym das Vitamin zerstört. Fisch und Muscheln enthalten sehr oft Thiaminase! Es kann daher über die Verfütterung von Fisch zu einem Vitaminmangel kommen!

Wasserschildkröten sind im Allgemeinen keine Fischfresser! Daher ist es das einfachste der ganzen Problematik aus dem Weg zu gehen indem man keinerlei Fisch verfüttert!

Beim Einfrieren wird die Thiaminase nicht beeinträchtigt. Insbesondere gefrorener Fisch ist problematisch, denn das Vitamin B1 wird bei längerer Lagerung immer weniger, aber nicht das Enzym Thiaminase.

Beim Kochen wird Thiaminase inaktiviert, dafür muss der Fisch für 15-30 Minuten gekocht bzw. auf 100 °C erhitzt werden. Dann ist das Enzym zerstört und die Aufnahme des Fisches völlig unproblematisch.

Gefrorener Fisch enthält meistens viel Thiaminase

Thiaminasehaltige Fische

  • Anchovis
  • Brassen
  • Elritze
  • Goldfische
  • Hering
  • Karpfen
  • Rotaugen
  • Stinte
  • Thunfisch
  • Welse
  • Zander
  • und viele weitere…

Außerdem gelten Muscheln allgemein als thiaminasehaltig!

Thiaminasefreie Fische

  • Aal
  • Bachforellen
  • Hecht
  • Kabeljau
  • Lachs
  • Regenbogenforelle
  • Tintenfisch

Links

Auf www.wetwebmedia.com/ca/volume_6/volume_6_1/thiaminase.htm gibt es eine ausführliche Übersicht zu weiteren Fischarten die Thiaminase enthalten.

Literatur

Anglesea, J. D. & A. J. Jackson (1985): Thiaminase activity in fish silage and moist fish feed. – Animal Feed Science and Technology, 13(1-2), S. 39-46.

Greig, R. A., & R. H. Gnaedinger (1971): Occurrence of thiaminase in some common aquatic animals of the United States and Canada. – US Department of Commerce, National Oceanic and Atmospheric Administration, National Marine Fisheries Service.

Junwei, L. I., Zhencai, Y. A. N. G., Xiaoling, H. A. N., Quansen, X. I. E., & Haiyan, L. I. U. (2016): Effects of Dietary Vitamins A, B2, and B6 Supplementation on Growth and Feed Utilization of Juvenile Chinese Soft-shelled Turtle Pelodiscus sinensis according to an Orthogonal Array Experiment. – Asian Herpetological Reserch(AHR), 7(4), S. 278-286.

Tsai, T. H., & Huang, C. H. (2019): Thiamine requirement of Chinese soft‐shelled turtle, Pelodiscus sinensis (Wiegmann). – Aquaculture Research 50 (12), S. 3812-3819.

Yudkin, W. H. (1949): Thiaminase, the Chastek-paralysis factor. – Physiological reviews, 29(4), S. 389-402.