Wasserschildkröten-Eier ausbrüten

Bergen der Eier

Vor der Eiablage ist die weibliche Wasserschildkröte deutlich unruhiger und sucht den Landteil auf um Probegrabungen zu machen. Nun buddelt man vorsichtig im Substrat des Landteils um die Eier zu finden. Hat man die Schildkröteneier gefunden werden sie ohne zu drehen in den Inkubator überführt. Denn anders als Vogeleier sterben die Eier der Wasserschildkröten ab wenn sie nach der Eiablage gedreht werden. Am besten kennzeichnet man die Oberseite des Eies mit einem weichen Bleistift.

PAWLOWSKI (2006) führte Versuche zur Lagerung der Eier bei Rotbauch-Spitzkopf-Schildkröten (Emydura subglobosa) durch. Es ist egal ob die Eier senkrecht oder waagerecht bebrütet werden, die Schlupfergebnisse unterscheiden sich nicht.

Brutsubstrat

Ich verwende gerne das für Pflanzen entwickelte Seramis als Brutsubstrat. Im Gegensatz zu anderen Substraten kann man beim Seramis erkennen ob es zu feucht ist oder zu trocken. Ganz hell ist es trocken, glänzend ist es zu feucht. Bevor ich die Eier in Kuhlen des Brutsubstrates lege, wird es angefeuchtet um eine ausreichend hohe Luftfeuchtigkeit im Inkubator zu gewährleisten. Anschließend werden die Eier mit Seramis bedeckt.

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Bei Seramis sieht man wie trocken bzw. feucht es ist

Auf manchen meiner Fotos von Eiern oder schlüpfenden Wasserschildkröten siehst du neben dem Seramis auch so schwarze Stückchen. Das ist Aktivkohle-Pellets. Sie soll verhindern, dass die Eier schimmeln und ich mische davon gerne etwas unter.

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Schlüpfende Wasserschildkröten mit Vermiculit als Brutsubstrat

Es gibt aber auch die Möglichkeit Schildkröteneier in Perlit, Vermiculit oder Kokosfasern zu bebrüten. Der Nachteil dieser Brutsubstrate ist, dass man nicht sieht wie feucht es ist, sondern man sich auf sein Fingerspitzengefühl verlassen muss.

Aquarien-Methode

Aus einem Aquarium kann man leicht einen Inkubator bauen. Die Methode wird auch Budde-Methode genannt, denn nach der Bauanleitung von Herrn Budde haben ganze Generationen von Schildkrötenzüchtern ihre Inkubatoren gebaut. Man findet seine Anleitung im Internet: https://www.salamandra-journal.com/index.php/contents/1980-vol-16/1272-budde-h-1/file

selbstgebauter Aquarien-Inkubator

Kunstglucken

Inzwischen gibt es jedoch eine Vielzahl käuflicher Inkubatoren, teilweise ähneln sie der Aquarienmethode, andere haben das Heizelement unter dem Deckel. Mein Lieblings-Inkubator ist der FB 80 von der Firma Jäger. Leider gibt es sie nurmehr gebraucht zu kaufen. Wenn du einen siehst: sofort zugreifen.

Aber es gibt auch andere gute Modelle, zum Beispiel der Reptibator von ZooMed: https://amzn.to/3a2gnpd*

Daneben gibt es auch Inkubatoren die nicht nur wärmen, sondern auch kühlen können. Das hat zwei Vorteile: zum einen kann man im Sommer auch die niedrigen Männchen-Temperaturen gewährleisten und zum anderen kann man im Winter darin auch seine Wasserschildkröten überwintern.

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Bruttemperatur und Brutdauer

Eine pauschale Angabe zur Bruttemperatur und Brutdauer zu machen ist nicht möglich. Die meisten Eier von Wasserschildkröten können bei Temperaturen von knapp über 20°C bis über 30°C bebrütet werden. Die Inkubationsdauer hängt mit der Bruttemperatur zusammen, bei höheren Temperaturen schlüpfen die Schildkröten schneller als bei tieferen Temperaturen. Nach frühestens zwei Monaten kann man mit den ersten Schlüpflingen rechnen.

Werden die Eier ganz im Substrat vergraben braucht man sich keine Sorgen um die Luftfeuchtigkeit machen, denn das Substrat ist ja feucht. Nach dem Schlupf buddeln sich die Jungtiere nach oben.

Bei den vielen Wasserschildkröten-Arten hängt das spätere Geschlecht der Jungtiere von der Bruttemperatur ab. Es gibt dabei zwei Muster. Bei den Typ Ia-Arten schlüpfen bei niedrigen Bruttemperaturen Männchen und bei höheren Temperaturen Weibchen. Bei Schildkröten des Typ II entwickeln sich bei niedrigen und hohen Temperaturen Weibchen und bei mittleren Temperaturen Männchen. In den Art-Porträts sind immer Angaben gemacht bei welcher Temperatur welches Geschlecht zu erwarten ist. Witzigerweise ist es so, dass bei Schildkröten des Typ Ia die ausgewachsenen Weibchen größer sind als ausgewachsene Männchen. Bei Schildkröten des Typ II sind die Weibchen entweder kleiner oder gleich groß wie die Männchen. Daher wird das kleinere Geschlecht als Erwachsener tendenziell bei der kältesten Inkubationstemperatur produziert.

Die meisten als Heimtier gehaltenen Wasserschildkröten-Arten gehören dem Typ Ia an. Aber Klappschildkröten (Kinosternon sp.) und Moschusschildkröten (Sternotherus sp.) sind beispielsweise Typ II.

Die Temperatur bei der gleich viele Männchen wie Weibchen schlüpfen nennt man Scheitelpunkttemperatur, sie liegt genau zwischen den Temperaturbereichen für Männchen und Weibchen.

Bei der Schmuckschildkröten-Verwandschaft liegt die Scheitelpunkttemperatur bei etwa 28,5°C. Bei niedrigeren Temperaturen schlüpfen mehr männliche Wasserschildkröten, bei höheren mehr Weibchen. Sicher erkennen kann man das Geschlecht einer Wasserschildkröte jedoch erst nach ein paar Jahren.

Schlüpfende Langhals-Schmuckschildkröten (Deirochelys reticularia)

Männliche Wasserschildkröten eignen sich in meinen Augen besser für eine Haltung als Haustier, da sie kleiner bleiben und später keinen Eiablageplatz benötigen. Daher brüte ich nur einen kleinen Teil meiner Wasserschildkröteneier bei höheren Temperaturen, für Schildkrötenhalter:innen die gerne ein Weibchen haben möchten.

Einige Wasserschildkröten, darunter beispielsweise Rotbauch-Spitzkopf-Schildkröten (Emydura subglobosa) und alle Weichschildkröten, haben eine genetische Geschlechtsfixierung. Man kann bei diesen Arten das Geschlecht nicht durch die Bruttemperatur beeinflussen.

Entwicklung im Ei

Ist man sehr neugirig, so kann man die Eier nach einiger Zeit durchleuchten, um zu sehen wie sich die kleine Schildkröte entwickelt. Natürlich bekommt man keinen Röntgenblick ins Ei, aber sieht doch wie sich erst ein paar Äderchen bilden und mit der Zeit ein schwarzer Fleck der immer größer wird, bis er das ganze Ei ausfüllt. An der weißen Binde kann man befruchtete Eier erkennen. Bei mir sind jedoch auch aus Eiern die keine Binde gebildet haben gesunde Jungschildkröten geschlüpft.

Wasserschildkröten mit Binde

Schlupf der Babyschildkröten

Sind die kleinen Schildkröten soweit, dann ritzen sie sich mit dem an der Schnauzenspitze befindlichen Eizahn ein Loch in das Ei und strecken zunächst ihr Köpfchen heraus. Nun ruhen sich die Schlüpflinge ersteinmal aus, der gesamte Schlupfvorgang kann mehrere Tage dauern.

Nördliche Rotbauch-Schmuckschildkröten (Pseudemys rubriventris) direkt nach dem Schlupf

Wenn der Dottersack nach dem Schlupf schon vollständig eingezogen ist können die Schlüpflinge ins Aufzuchtaquarium einziehen. Sollte bei einer Babyschildkröte jedoch noch ein Dottersackrest sichtbar sein, wie auf dem nachfolgenden Foto, so können die Wasserschildkröten ihr Aufzucht-Aquarium noch nicht sofort beziehen.

Diamantschildkröte (Malaclemys terrapin) mit Dottersack

Zunächst werden sie einige Tage auf ein mit Betaisodona oder Betadine (aus der Apotheke) getränktes Küchentuch in den Inkubator gesetzt. Nach spätestens einer Woche sollte der Dottersack eingezogen worden sein und die Babys können ins Aquarium umziehen.

Bei dieser Diamantschildkröte ist der Dottersack komplett eingezogen, aber der Bauchnabel noch nicht ganz zu, sie kann aber schon ins Wasser

Buchtipp

Inkubation von Reptilieneiern: Grundlagen – Anleitungen – Erfahrungen* von Gunther Köhler, Herpeton-Verlag

Das Standardwerk zum Ausbrüten von Reptilieneiern wurde überarbeitet und stark erweitert. Schwerpunkte dieses Buches bilden: Aufbau eines Reptilieneies, Embryonale Entwicklungsstadien bei Schildkröten, Krokodilen, Echsen und Schlangen; Physiologische Grundlagen: Der Einfluss der Temperatur auf den Schlupferfolg und auf das Geschlecht der Tiere, Der Einfluss der Feuchtigkeit, Abwehrmechanismen des Eies; Eiablage und Inkubation im natürlichen Lebensraum und im Terrarium; Brutpflege bei Reptilien; Der Einfluss der Muttertierkondition auf die Qualität der Eier; Die Technik der künstlichen Inkubation; Anleitung zum Selbstbau eines Motorbrüters; Pflege und Kontrolle der Eier; Absterben von Schlupfreifen Jungtieren; Spezieller Teil zu einzelnen Tiergruppen, Tabellarischer aktualisierter Anhang mit Inkubationsdaten der eierlegenden Reptilienarten(erweitert von 1400 auf über 1750 Arten und Unterarten), u.v.m.

Literatur

Budde, H. (1980). Verbesserter Brutbehälter zur Zeitigung von Schildkröten-Gelegen. – Salamandra, 16(3), S. 177-188.

Ernst, C. H. & J. E. Lovich (2009): Turtles of the United States and Canada – Second Edition. – The John Hopkins University Press (Baltimore): 827 S. *

Pawlowski, S. (2016): Auswirkungen der räumlichen Lage von Eiern auf die Schlupfrate bei Rotbauch-Spitzkopfschildkröten Emydura subglobosa (KREFFT, 1876). – Radiata 25 (4): S. 4-11.