In der Unterfamilie der Schmuckschildkröten-Artigen Deirochelyinae sind die Diamantschildkröten ganz besondere Tiere. Als erstes fällt auf dass alle anderen Schmuckschildkröten-Artigen (Chrysemys picta, Pseudemys-Arten, Trachemys-Arten, Deirochelys reticularia, Graptemys-Arten) mehr oder weniger gleich aussehen, ihre Haut hat gelbe Streifen auf braun-olivem Grund. Ganz anders die Diamantschildkröten, sie haben eine graue Haut mit schwarzen Punkten. Manch einer wird sich natürlich fragen was an grau-schwarz gepunktet schöner sein soll als an gelb-oliv gestreift. Ich gebe zu, das ist natürlich Geschmackssache.
Diamantschildkröten leben in küstennahen Gebieten der USA, wie Flussmündungen, Mangrovensümpfen und Buchten. Sie bewohnen Brackwasser (eine Mischung aus Meeres- und Süßwasser), welches an Malaclemys eine Vielzahl von osmotischen Herrausforderungen stellt. An diese haben sie sich mit zahlreichen anatomischen, physiologischen und Verhaltens- Besonderheiten angepasst. So haben Diamantschildkröten an den Augen eine Drüse um überschüssiges Salz, welches sie mit der Nahrung aufnehmen, ausscheiden zu können. Der Hämatokritwert des Blutes hängt vom Salzgehalt des Haltungswassers ab, je mehr Salz es enthält, desto mehr rote Blutkörperchen sind enthalten. Bei Regen wurde beobachtet wie Malaclemys ihre Hälse ausstreckten um Süßwasser aufzufangen.
Diamantschildkröten sind in ihrem Bestand bedroht, sie stehen daher im Anhang B der EU-Artenschutzverordnung und sind meldepflichtig.
Wird die Diamantschildkröte 1973 von NIETZKE noch als ausgesprochen problematisch in der Pflege bezeichnet, gelingt heute bereits die Zucht.
Kaum eine andere nordamerikanische Schildkröten-Art hat derart viele Unterarten wie die Diamantschildkröte, sieben an der Zahl. Anhand der Zeichnung die Unterart zu bestimmen ist jedoch ein Ding der Unmöglichkeit. Zur sicheren Zuordnung ist es nötig die Herkunft der Tiere zu kennen. Ob sich diese Unterarten alle halten lassen ist jedoch fraglich, molekular-genetische Studien (LAMP & AVISE 1992) lassen vermuten dass lediglich zwei Unterarten, eine Atlantik- und eine Gold-Küsten-Forum, existieren.
Malaclemys terrapin terrapin
- Nördliche Diamantschildkröte
- Verbreitung: Massachusetts bis zum Kap Hatteras, North Carolina
- Überwinterung: Norden-Rhythmus
Malaclemys terrapin centrata
- Carolina-Diamantschildkröte
- Verbreitung: Kap Hatteras, North Carolina, bis Nordosten Floridas
- Überwinterung: Südosten-Rhythmus
Malaclemys terrapin littoralis
- Texas-Diamantschildkröte
- Verbreitung: östliches Texas
- Überwinterung: Südosten-Rhythmus
Malaclemys terrapin macrospilota
- Pfauenaugen-Diamantschildkröte
- Verbreitung: Westküste Floridas
- Überwinterung: Florida-Rhythmus
Malaclemys terrapin pileata
- Mississippi-Diamantschildkröte
- Verbreitung: Nordwesten Floridas bis Louisiana
- Überwinterung: Südosten-Rhythmus
Malaclemys terrapin rhizophoarum
- Mangroven-Diamantschildkröte
- Verbreitung: Florida Keys und Südspitze Floridas
- Überwinterung: Florida-Rhythmus
Malaclemys terrapin tequesta
- Miami-Diamantschildkröte
- Verbreitung: Ostküste Floridas
- Überwinterung: Florida-Rhythmus
Auf Terraristik-Börsen habe ich in den letzten Jahren zunehmend beobachtet, dass Diamantschildkröten mit einer feinen Punktzeichnung als Malaclemys terrapin terrapin angeboten wurden, während Tiere mit einer gröberen Zeichnung als „concentric“-Tiere oder als Malaclemys terrapin centrata offeriert werden. Beide Zeichnungsvarianten schlüpften bei mir aus einem Gelege, der Verdacht, dass findige Händler und Züchter einen Schwung Diamantschildkröten entsprechend sortieren und zu unterschiedlichen Preisen anbieten, liegt nahe.
Größe
Die Größe der Unterarten unterscheidet sich nicht wesentlich. Weibchen werden in der Regel 20-24 cm groß und Männchen erreichen eine Panzerlänge von 10-14 cm.
Aquarium
Ein Aquarium für Diamantschildkröten sollte so ähnlich wie für Zier- und Schmuckschildkröten eingerichtet werden. Ein großer Wasserteil ist das wichtigste! Ein trockener Landteil auf dem mittels einer HQI 40-45°C erreicht werden, ist für diese Sonnenanbeter nötig. Da Diamantschildkröten sehr lichtbedürftig sind sollte man nicht am falschen Ende sparen und statt Neon-Röhren sofort in HQI investieren. Auch eine UVB-Beleuchtung ist wichtig. Ich empfehle für Diamantschildkröten das Lucky Reptil das Bright Sun UV Turtle Set*, mit diesem Set hat man ein gutes Leuchtmittel das Wärme, UV und sichtbares Licht liefert. Außerdem ist eine Hängeleuchte zur einfachen Installation dabei. Alternativ dazu kannst du dieses Komplett-Set mit 35, 50 oder 70 Watt* nehmen und es gegebenenfalls mit dieser Hängefassung* noch optimieren.
Brackwasser
In Gefangenschaft gezüchtete Diamantschildkröten können in der Regel ohne Probleme in Süßwasser gehalten werden, sollten jedoch Panzer- oder Hautprobleme auftreten empfiehlt es sich dem Wasser Salz zuzugeben (fünf bis 20 Gramm Salz pro Liter Wasser). Ich verwendete kein spezielles Meersalz aus der Riffaquaristik, sondern handelsübliches Haushaltssalz, teilweise sogar mit Jodzusatz.
Das in meinen Augen größte Problem bei der Haltung von Diamantschildkröten ist, dass man den Tieren nicht die Verhältnisse bieten kann wie sie es in der Natur gewohnt sind. Dort gibt es durch die Gezeiten in regelmäßigen Abständen gewaltige Schwankungen des Salzgehaltes, welche wir in Gefangenschaft nicht bieten können. Der Salzgehalt im natürlichen Lebensraum der Diamantschildkröte schwankt, es kann nur halb so viel Salz wie Meerwasser enthalten, jedoch auch doppelt so viel. Daher setzte ich meine Diamantschildkröten anfangs ein bis dreimal die Woche für kurze Zeit in reines Süßwasser, um ihnen die Möglichkeit zu geben Süßwasser zu trinken. Inzwischen ist auf dem Landteil des Diamantschildkröten-Aquariums jedoch eine Schüssel fest montiert (die Schildkröten schmissen sie sonst ins Wasser) in der sich ständig Süßwasser befindet. Die Schildkröten haben schon ab dem ersten Tag verstanden wofür die Schüssel ist und nutzten sie zum Trinken. Besonders nach einem Wasserwechsel gehen beide Tiere sofort an Land und trinken, ich vermute dass die Tiere durch das von oben ins Aquarium kommende Wasser an Regen erinnert werden.
Fütterung
In der Natur fressen Diamantschildkröten viele Molusken und Krabben, dies sollte man in Menschenobhut durch Fütterung von Schnecken, Krebsen, Muscheln und Tintenfisch nachahmen. Interessanterweise wird Lundi-Exquisit, ein Pelletfutter für Meeresvögel mit Salzanteil, von meinen Malaclemys nur gefressen wenn die Tiere in Süßwasser leben, nicht jedoch im Brackwasser.
Auch NIETZKE schreibt 1973 schon, dass man Diamantschildkröten in reinem Süßwasser nicht allzu lange halten kann, auch wenn er schreibt dass man die Tiere mit ungewässertem Seefischfleisch als Nahrung einige Zeit über die Salzlücke bringen kann, halte ich dies nicht für möglich. Ich denke, dass Diamantschildkröten für ihren Stoffwechsel nicht auf Salz angewiesen sind, sondern vielmehr ihre Haut und der Panzer an den im Salz- bzw. Brackwasser niedrigerem Infektionsdruck angepasst sind.
Der Anteil pflanzlichen Futters von Diamantschildkröten liegt nur bei 0-10 %
Wichtig ist auch bei dieser Art dass pflanzliche Nahrung angeboten wird, meine Tiere bevorzugen Wasserlinsen und Salat. Wasserlinsen halten sich jedoch nicht sehr lange im Brackwasser des Aquariums und müssen regelmäßig „nachgefüllt“ werden. Pflanzliche Nahrung wird nur bei höheren Wassertemperaturen und bevorzugt in Süßwasser aufgenommen, sollte jedoch immer frei zur Verfügung stehen.
Zur Kalkversorgung muss immer ein Stück Sepia zur Verfügung stehen, von dem die Diamantschildkröten besonders nach der Fütterung von purem Tintenfisch-Fleisch gerne fressen. Zusätzlich kann der Bodengrund des Aquariums komplett aus Muschelgrit bestehen.
Geschlechtsbestimmung
Bei Diamantschildkröten ist die Größe ein Indiz, denn Weibchen werden größer als Männchen. Außerdem kann man anhand der Schwänze die Geschlechter unterscheiden. Weibchen haben deutlich kürzere Schwänze, bei ausgestrecktem Schwanz ist die Kloake in Höhe des Panzerrandes. Bei Männchen ist die Kloake hingegen deutlich außerhalb des Panzerrandes, auch sind die Schwänze insgesamt größer. Die Krallenlänge ist bei Diamantschildkröten kein Merkmal zur Geschlechtsbestimmung.
Eiablage und Inkubation
Die Eiablagen finden zwischen März und Mai statt. Bereits einen Tag vor der Eiablage wird das Weibchen extrem unruhig. Es schwimmt nervös hin und her und sucht mehrfach das Landteil auf. Bei mir hat das Landteil die Maße 50 x 25 cm und enthält eine 15 cm tiefe, leicht feuchte Sandschicht. Den Übergang vom Wasser auf das Landteil habe ich mit einer Korkröhre gestaltet. Nachdem die Diamantschildkröte mehrfach die Eiablagestelle berochen und mit Wasser aus der Kloake befeuchtet hat, vergräbt sie fünf bis acht Eier in einer Tiefe von etwa 12 cm.
Die Eier werden nach der Eiablage im Sandgefüllten Landteil direkt in einen Inkubator überführt. Als Brutsubstrat verwende ich das für Pflanzen entwickelte Seramis-Granulat*, um Schimmelbefall der Eier vorzubeugen mische ich immer etwas Aktivkohle* unter. Bei einer Bruttemperatur von 25-26 °C entwickeln sich Männchen in den Eiern, bei 30 °C entwickeln sich Weibchen. Die oft beschriebene weiße Binde um das Ei konnte ich bei meinen Diamantschildkröten-Eiern nie beobachten. Man konnte nach ein paar Tagen Inkubation den Unterschied dennoch erkennen: befruchtete Eier wurden weiß, unbefruchtete Eier hingegen färbten sich nach beige.
Schlupf
Nach genau einer Inkubationszeit zwischen 71 und 78 Tagen bei 26°C bzw. 48-52 Tagen bei 30°C strecken die Jungtiere ihre Köpfchen aus dem Ei. Normalerweise verweilten sie noch einen Tag im Ei und krabbeln dann erst im Inkubator herum. Fast alle Jungtiere haben bei mir noch einen relativ prominenten Dottersack, meist ist er etwa Bohnengroß. Die Schlüpflinge werden dann nicht sofort in ein Aquarium gesetzt, sondern auf ein mit 2%iger PVP-Jod-Lösung getränktes Zellstofftuch in den Inkubator gesetzt. Nach spätestens einer Woche ist der Dottersack vollständig resorbiert und das Schildkröten können ein Aquarium mit Süßwasser beziehen.
Aufzucht der Jungtiere
Nach dem Einsetzen in das mit etwa 5 cm Wasser gefüllte Aufzuchtaquarium wirkten die Diamantschildkröten zunächst sehr unbeholfen und können deutlich schlechter schwimmen als ich es von anderen Babys aus der Schmuckschildkröten-Verwandschaft gewohnt bin. Zunächst nehmen die Tiere nur Lebendfutter in Form von verschiedenen Mückenlarven, Wasserflöhen und Bachflohkrebsen an. Nach kurzer Zeit werden auch getrocknete Futtertiere begierig gefressen. Das Schwimmverhalten normalisiert sich innerhalb von etwa zwei Wochen und der Wasserstand kann auf 15 cm erhöht werden, später auf 30 cm. Die Jungtiere werden von mir in ihrem ersten Lebensjahr komplett ohne Salzzusatz gehalten, und bisher traten damit auch keine Probleme auf. Ältere Diamantschildkröten werden anschließend bei einem Salzzusatz wie für oben beschrieben gehalten.
Verhalten
Im Vergleich mit anderen Schmuckschildkrötenbabys sind die kleinen Diamantschildkröten deutlich lebhafter und begeistern durch ihr von Anfang an zutrauliches Wesen. Während man von jungen Zier- und Höckerschildkröten in einem Aquarium mit ausreichend Versteckplätzen zunächst fast nichts sieht, so schwimmen die jungen Diamantschildkröten stets gut sichtbar im Aquarium umher. Bereits nach wenigen Tagen kann man sie auf dem Landteil beim Sonnenbad beobachten ohne dass die Babys ins Wasser flüchten. Wenn sie nicht gerade beim Sonnenbad schliefen, was Diamantschildkröten im Vergleich mit anderen Schmuckschildkröten-Artigen auffällig oft tun, dann schauten die Kleinen sofort wenn sich im Raum jemand bewegte. Leider neigen die Babys stark zum Betteln, auch meine adulten Diamantschildkröten betteln viel und extrem. Dabei schwimmen sie so sehr auf die Fütterungsperson konzentriert gegen die Frontscheibe dass sie es selten sofort merken wenn man Futter in das Aquarium wirft.
Buchtipp
Schmuckschildkröten: halten & pflegen, beobachten & verstehen* von Xaver Wapelhorst, aus dem Kosmos-Verlag. Auch wenn der Titel Schmuckschildkröten lautet, werden in diesem Buch auch die Diamantschildkröten behandelt, denn sie gehören zur Unterfamilie der Schmuckschildkröten-Artigen. Das Buch bietet viele praxisnahe Tipps zur Haltung, Pflege und Zucht. Außerdem eine gute Überwinterungs-Anleitung für jede einzelne Diamantschildkröten-Unterart.
Literatur
Lamp, T. & J. Avise (1992): Molecular and population genetic aspects of mitochondrial DNA variability in the Diamondback terrapin, Malaclemys terrapin. – Journal of Heredity 86 (3): S. 379-384.
Szymanski, S. (2005): Erfahrungen bei der Aufzucht, Haltung und Nachzucht der Schmuck-Diamantschildkröte (Malaclemys terrapin macrospilota). – Radiata, Lingenfeld, 14 (4): S. 3-12.
Pfau, B. & W. Roosenburg (2010): Diamantschildkröten (Malaclemys terrapin) in Maryland, USA: Forschung und Schutz. – Radiata 19 (1): S. 2-34.
Wapelhorst, X. (2008): Bemerkenswerte Beobachtung bei der Haltung von Carolina-Diamantschildkröten Malaclemys terrapin centrata – Sacalia, Stiefern, 6 (20): S. 30-36.
Wapelhorst, X. (2013): Nachzucht der Diamantschildkröte, Malaclemys terrapin. – Reptilia, 104: S. 42-46.
Nietzke, G. (1973): Malaclemys terrapin – Diamantschildkröte. – Das Aquarium, 7 (50): 331-332.