Gelbtupfen-Höckerschildkröten, Graptemys flavimaculata

Die Gelbtupfen-Höckerschildkröte (Graptemys flavimaculata) zählt zu den eindrucksvollsten Vertretern der nordamerikanischen Gattung Graptemys. Ihre markante Panzerzeichnung, ihre Lebensweise im klaren, strukturreichen Fließgewässer sowie ihre hohe Spezialisierung machen sie nicht nur für Wissenschaftler interessant, sondern auch für erfahrene Terrarianer, die sich intensiv mit nordamerikanischen Wasserschildkröten befassen.

Einsteigende bei der Haltung von Wasserschildkröten, sollten bedenken, dass Höckerschildkröten sowohl an die Wasserqualität als auch die technische Ausstattung hohe Anforderungen stellen. Wer bereits Erfahrung mit nordamerikanischen Wasserschildkröten hat oder bereit ist, Zeit und Mühe in die Pflege zu investieren, wird mit einem langlebigen, faszinierenden Tier belohnt.

Der wissenschaftliche Artname flavimaculata leitet sich aus dem Lateinischen ab: flavi- bedeutet „gelb“, maculata bedeutet „gefleckt“ – also „gelb gefleckt“. Die Bezeichnung verweist auf die auffällige Fleckung des Rückenpanzers. Umgangssprachlich wird die Art auch als „Gelbtupfen-Höckerschildkröte“ oder einfach „Flavi“ bezeichnet.

Verbreitung und Lebensraum

Die Gelbtupfen-Höckerschildkröte kommt in den USA ausschließlich im Bundesstaat Mississippi vor (TTWG 2017), sie bewohnt den Pascogoula-Fluss und seine Nebenflüsse (ERNST & LOVICH 2009).

Diese stark spezialisierte Art bevorzugt klare, strukturreiche Fließgewässer mit sandigem oder lehmigem Untergrund. Umgestürzte Bäume, Äste im Wasser, Wurzelwerk, Kiesbänke und sonnenexponierte Felsplatten dienen als wichtige Sonnenplätze. Die Ufer sind meist natürlich bewachsen und wenig verbaut.

Die Flüsse im Verbreitungsgebiet unterliegen einer leichten bis moderaten Strömung, mit wechselnden Wassertiefen von 50 cm bis über 3 m. Starke Veränderungen des Wasserpegels durch saisonale Regenfälle sind üblich. Das Klima ist subtropisch mit heißen, feuchten Sommern (30–35 °C Lufttemperatur) und milden Wintern (5–15 °C).

Lebensweise in der Natur

Graptemys flavimaculata ist eine tagaktive, aquatisch lebende Schildkröte mit starkem Sonnenbadverhalten. Sie verbringt die meiste Zeit im Wasser, ruht aber oft stundenlang auf überhängenden Ästen oder Wurzelwerk an der Wasseroberfläche, um Wärme und UV-Strahlung aufzunehmen. Beim Sonnenbaden wird der Körper schräg geneigt, um maximale Fläche zu belichten.

Bei Störungen flüchten die Tiere blitzschnell ins Wasser. Sie sind sehr scheu und zeigen ein ausgeprägtes Fluchtverhalten gegenüber Menschen oder potenziellen Fressfeinden wie Waschbären, Alligatoren oder Greifvögeln.

In kühleren Monaten verfallen sie in Winterruhe (Hibernation), oft eingegraben im Sediment oder unter Treibholz, bei Temperaturen unter 12–15 °C. Die Dauer der Winterruhe beträgt 3–4 Monate.

Größe und Gewicht

Weibliche Graptemys flavimaculata erreichen eine Panzerlänge von maximal 18 cm, männliche Gelbtupfen-Höckerschildkröten werden hingegen maximal 11 cm groß. In der Natur wiegt ein ausgewachsenes Weibchen durchschnittlich 1,135 kg, die kleineren Männchen hingegen nur 0,154 kg (ERNST & LOVICH 2009).

Ernährung

Die Art ist omnivor (allesfressend) mit einem klaren Hang zu tierischer Nahrung, besonders bei Jungtieren. Die Nahrungszusammensetzung in freier Wildbahn umfasst Insektenlarven (Köcherfliegen, Eintagsfliegen), Schnecken (vor allem aus der Familie Viviparidae), Flusskrebse, Süßwasserschwämme und Muscheln. An pflanzlicher Kost werden vor allem Algen, aber auch Wasserpflanzen gefressen. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil pflanzlicher Nahrung, insbesondere bei Weibchen.

Unterschiede in der Ernährung zwischen Jungtieren und ausgewachsenen männlichen & weiblichen Gelbtupfen-Höckerschildkröten (nach LINDEMAN 2013):

Futterjungmännl.weibl.
Weichtiere0-0,1 %0-49%
Schwämme86-92 %67-98 %51-58 %
Moostierchen0-4 %0,01-0,3 %0,01-0,1 %
Insekten4-15 %1-5 %0,3-42%
Algen0,3 %0,7-38%0,1 %

Fütterung im Aquarium

In Menschenobhut hat sich folgende Futterliste bewährt:

Bei den tierischen Futtermitteln kann man beispielsweise auf Bachflohkrebse (Gammarus), Garnelen, Mückenlarven, Schnecken und Regenwürmer zurückgreifen. Beliebt bei Höckerschildkröten sind auch „Frutti di Mare“, welche typischerweise aus einer Mischung von Muscheln, Tintenfisch, Garnelen und Calamari bestehen. Diese kommen der natürlichen Ernährung, mit Schwerpunkt auf Schwämmen relativ nahe.

Bei den pflanzlichen Futtermitteln sollte man versuchen bei einem Gartenteich-Besitzer Fadenalgen zu bekommen, die wuchern im Sommer oftmals stark, sodass sie ohnehin abgefischt werden. Für Höckerschildkröten sind diese Algen eine Delikatesse! Alternativ kann man auf Wasserlinsen, Wasserpest und andere Wasserpflanzen zurückgreifen. Aber auch Wildkräuter (z. B. Löwenzahn, Vogelmiere) und Salate sind möglich.

Zusätzlich sollte Sepiaschale immer frei verfügbar im Wasser schwimmen.

Aquarium

Gelbtupfen-Höckerschildkröten eignen sich nicht für die Haltung im Gartenteich, dort ist es einfach dauerhaft zu kalt für diese Sonnenanbeter. Man benötigt also ein Aquarium.

Aquariengröße

Es gibt Züchter die ihre männlichen Gelbtupfen-Höckerschildkröten einzeln in Aquarien mit einer Grundfläche von 60 x 30 cm bei einem Wasserstand von 30 cm halten (HERTWIG 2001). Das ist sicherlich das kleinste mögliche Aquarium für ein Männchen. Ich empfehle jedoch ein 80 cm-Aquarium mit 30-40 cm Wasserstand. Für eine Männchen WG ist ein Aquarium von mindestens 100 x 50 x 50 cm erforderlich.

Die größer werdenden weiblichen Graptemys flavimaculata sollten wenigstens ein Aquarium von 100 x 50 x 50 cm (also 250 Liter) zur Verfügung haben. Möchte man mehrere Weibchen pflegen so sollte das Aquarium 150 x 60 x 60 cm groß sein. Der Wasserstand sollte 40-60 cm (oder mehr) betragen.

Wenn du einen oder mehrere Schlüpflinge kaufst, so empfehle ich zunächst ein 80 cm-Aquarium. Das genügt für die ersten Jahre und du kannst dann später, sobald man das Geschlecht erkennen kann, die für ausgewachsene Exemplare empfohlene Beckengröße anschaffen. Das kleinere Aquarium hat den Vorteil, dass du die kleinen Babys nicht ewig im Aquarium suchen musst. So hast du eine bessere Kontrolle über das Fressverhalten und den Gesundheitszustand deiner Wasserschildkröten. Selbst bei Jungtieren kann der Wasserstand aber ruhig schon 20 cm betragen und im Laufe des Wachstums weiter angehoben werden.

Filterung

Höckerschildkröten sind anspruchsvoll. Sie leben in der Natur in großen Flüssen mit sauberem Wasser. Deshalb benötigen sie im Aquarium ebenfalls sauberes Wasser. Daher sind Topf-Außenfilter zu empfehlen. Für ein kleines Becken zur Jungtieraufzucht oder Männchen empfehle ich den Eheim Ecco pro 300*. In größeren Becken (ab 200 Liter) rate ich zu Eheim professional 4+ 600* oder Eheim professional 3 1200 XL*.

Alle zwei Wochen sollte ein Wasserwechsel von 50 % gemacht werden.

Einrichtung

Viel Einrichtung benötigen Höckerschildkröten nicht. Auf den Boden des Aquariums kommt etwas Sand (alternativ Kies). Ein paar Wurzeln oder Steine bringen etwas Struktur ins Aquarium. Mit einem halbierten Blumentopf kann man eine Höhle gestalten, in der sich die Gelbtupfen-Höckerschildkröten unter Wasser gerne zurückziehen.

Landteil

Der wichtigste Einrichtungsgegenstand für Gelbtupfen-Höckerschildkröten, wie für so viele Wasserschildkröten, ist das Landteil. Auf dem Landteil müssen die Schildkröten komplett abtrocknen können (auch von unten, am Bauchpanzer). Wichtig ist den Höckerschildkröten, dass sie beim Sonnenbad jederzeit mit einem Sprung im Wasser sein können. Die Lampe darf also nicht weit von der Kante des Sonnenplatzes sein.

Höckerschildkröten neigen zu Panzerkrankheiten (PanzernekroseWeißfleckenkrankheit etc.), daher sollte der Landteil nicht aus Stein sein, sondern aus Kork oder anderem Holz. An Steinen scheuern sich die Schildkröten sonst zu leicht ihren Bauchpanzer auf. Für Männchen und Jungtiere verwende ich sehr gerne Weidenholzbrücken. Für geschlechtsreife Weibchen muss zudem ein Eiablageplatz zur Verfügung stehen.

Überwinterung und Jahresrhythmus

Bei der Haltung im Aquarium empfehle ich eine Überwinterung für drei Monate bei einer Temperatur zwischen 10 und 15 °C. Weitere Details dazu auf den Überwinterungsseiten.

MonatLicht-
Länge
Wasser-
Temp.
Januar0 h10-15 °C
Februar0h10-15 °C
März6 h17-20 °C
April8 h21 °C
Mai10 h24 °C
Juni13 h27 °C
Juli13 h28 °C
Aug.11 h28 °C
September10 h25 °C
Oktober8 h22 °C
November5/3/1/0 h17-20 °C
Dezember0 h10-15 °C

SEEBER (2022) überwintert seine Gelbtupfen-Höckerschildkröten kühler, für drei Monate bei 6 °C. Ab Mitte Oktober reduziert er die Beleuchtung von den sonst bei ihm üblichen 12 h wöchentlich um zwei Stunden bis sie Ende November komplett aus bleibt. Die Wassertemperatur beträgt bei ihm Mitte November noch 18 °C, wird dann für eine Woche auf 10 °C reduziert, um dann die Schildkröten bei 6 °C in den Kühlschrank zu überführen, dort bleiben die Schildkröten von Anfang Dezember bis Ende Februar.

Vergesellschaftung

Die Haltung von Graptemys flavimaculata in Gruppen führt häufig zu Dominanzverhalten und Stress, insbesondere bei mehreren Männchen. Am besten eignet sich die Einzelhaltung. Weibchen sind meistens friedlich und können als kleine Gruppe gepflegt werden, aber die Haltung eines Einzeltiers ist auch hier kein Fehler.

Die Männchen der Gelbtupfen-Höckerschildkröte sind untereinander manchmal etwas zänkisch, mit anderen männlichen Höckerschildkröten funktioniert die Vergesellschaftung aber oft erstaunlich gut.

Die Vergesellschaftung mit anderen nordamerikanischen Arten ist möglich, sollte jedoch mit Bedacht erfolgen (ähnliche Temperatur- und Futteransprüche, keine Kreuzungsgefahr!).

Zucht

Weibliche Pracht-Höckerschildkröten erreichen mit einer Panzerlänge von 14,9 cm die Geschlechtsreife, Männchen schon mit einer Bauchpanzerlänge von 6,7 cm (CAGLE 1954). Die Paarungszeit beginnt im Frühling (März–April) nach der Winterruhe. Männchen umkreisen Weibchen, zeigen Imponierverhalten durch das „Fächeln“ mit den leicht verlängerten Krallen an den Vorderbeinen. In der Natur legen weibliche Graptemys flavimaculata in der Zeit von Mai bis August ihre aus drei bis neuen Eiern bestehenden Gelege ab. Die meisten Weibchen haben in der Natur nur ein Gelege, aber bis zu drei sind möglich. Bei Problemen mit der Eiablage sollte man sich vor Augen führen, dass die Weibchen in der Natur ihre Eier 1,3-17,1 m vom Gewässer entfernt und 34,2-134,6 cm über der Wasseroberfläche ablegen (ERNST & LOVICH 2009).

Ein Schlüssel zum Erfolg der Nachzucht von Höckerschildkröten ist die Trennung der Geschlechter. Nur zur Paarung werden Männchen und Weibchen zusammen gesetzt. Während ich dies nur für ein paar Tage mache, werden von anderen Züchtern die Tiere für drei Monate im Jahr (nach der Überwinterung: März bis Mai) in einem Aquarium gepflegt (SEEBER 2022).

Um gezielt das Geschlecht der Jungtiere zu beeinflussen, kann man die Eier bei konstanten 26 °C für Männchen bzw. bei 32 °C für Weibchen bebrüten. Die Baby-Schildkröten schlüpfen dann nach etwa 60 bzw. 80 Tagen (SEEBER 2022).

Schutzstatus und Bedrohung

Graptemys flavimaculata ist gemäß der IUCN als „vulnerable“ (gefährdet) eingestuft. Die Hauptgefährdungen sind Habitatverlust durch Flussbegradigung und Uferbebauung, Wasserverschmutzung durch Landwirtschaft und Industrie, illegales Sammeln für den Heimtiermarkt und Störung der Nistplätze durch Freizeitaktivitäten.

Die Art ist in den USA durch das „Endangered Species Act“ (ESA) geschützt. Der internationale Handel unterliegt den Bestimmungen von CITES (Washingtoner Artenschutzabkommen, Anhang III). In Europa ist die Art im Anhang C der EU-Artenschutzverordnung aufgeführt, daher benötigt man keinen Herkunftsnachweis für diese Wasserschildkröte und kann sie innerhalb der EU frei handeln.

Literatur

Cagle, F. R. (1954): Two new species of the genus Graptemys. – Tulane Studies in Zoology, 1(11), S. 165-186.

Ernst, C. H. & J. E. Lovich (2009): Turtles of the United States and Canada – Second Edition. – The John Hopkins University Press (Baltimore): 827 S. *

Hertwig, S. (2001): Ökologie, Haltung und Fortpflanzung im Terrarium von Graptemys caglei, G. flavimaculata, G. nigrinoda nigrinoda und G. oculifera. – Salamandra, 37 (1): S. 21-48.

Hertwig, S. & C. Hohl (2000): Sawbacks – Haltung und Zucht kleiner Graptemysarten Teil 1. – Schildkröte, 2 (1): S. 4-9.

Hertwig, S. & C. Hohl (2000): Sawbacks – Ernährung und Zucht von Sägerückenschildköten. – Schildkröte, 2 (2): 54-59

Lindeman, P. V. (2013): The Map Turtle and Sawback Atlas – Ecology, Evolution, Distribution, and Conservation. – University of Oklahoma Press (Norman), 460 S.*

Müller, M. (1996): Handbuch ausgewählter Klimastationen der Erde. – Trier (Forschungsstelle Bodenerosion der Universität Trier Mertesdorf [Ruwertal] 5) 400S.

Turtle Taxonomy Working Group [Rhodin, A.G.J., J.B. Iverson, R. Bour, U. Fritz, A. Georges, H.B. Shaffer & P.P. van Dijk] (2017): Turtles of the World: Annotated Checklist and Atlas of Taxonomy, Synonymy, Distribution, and Conservation Status (8th Ed.). – In: Rhodin, A.G.J., J.B. Iverson, P.P. van Dijk, R.A. Saumure, K.A. Buhlmann, P.C.H. Pritchard & R. A. Mittermeier (Hrsg.): Conservation Biology of Freshwater Turtles and Tortoises: A Compilation Project of the IUCN/SSC Tortoise and Freshwater Turtle Specialist Group. – Chelonian Research Monographs 7: S. 1–292.

Roddewig, Ewald (2013): Gemeinsame Haltung von Männchen verschiedener Arten Wasserschildkröten? – Marginata, Münster, 10 (3): 52-57.

Seeber, S. (2022): Erfahrungen in der Haltung und Nachzucht der Gelbtupfen Höckerschildkröte (Graptemys flavimaculata). – Radiata 31(4): S. 25-37.