Die Schwarze Dickkopf-Schildkröte oder Dickhals-Schildkröte (Siebenrockiella crassicollis) gehört zu den weniger bekannten, jedoch ausgesprochen interessanten Arten der asiatischen Süßwasserschildkröten. Mit ihrer gedrungenen, fast archaisch wirkenden Gestalt und dem pechschwarzen Kopf gehört sie zu den eher ruhigen, dämmerungsaktiven Schildkröten-Arten, die sich durch ein bemerkenswert friedfertiges Wesen auszeichnen. Sie ist eine Schildkröte aus der Familie der Altwelt-Sumpfschildkröten (Geoemydidae).

Die Schwarze Dickkopf-Schildkröte ist eine etwas unterschätzte Art für die Haltung in menschlicher Obhut. Ihre vergleichsweise einfache Pflege macht sie zu einer empfehlenswerten Art für verantwortungsvolle Halter mit entsprechender Sachkenntnis.
Seiteninhalt
Namensgebung
Benannt ist die Gattung Siebenrockiella nach dem österreichischen Zoologen Friedrich Siebenrock. Der Artname crassicollis bedeutet „dickhalsig“ – eine Anspielung auf den kräftigen, kurzen Hals der Art, der bei Bedrohung tief in den Panzer zurückgezogen werden kann.
Verbreitung und Lebensraum
Die Schwarze Dickkopf-Schildkröte ist im südostasiatischen Raum beheimatet. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich über Kambodscha, Indonesien (Java, Kalimantan, Sumatra), Laos, Malaysia, Myanmar, Singapur, Thailand und Vietnam (Turtle Taxonomy Working Group 2021).

Diese Schildkröte bevorzugt feuchte, vegetationsreiche Lebensräume wie langsam fließende Bäche, Sümpfe, überflutete Wälder und Reisfelder. Besonders charakteristisch ist ihr Hang zur versteckten, zurückgezogenen Lebensweise. Siebenrockiella crassicollis hält sich gerne in seichtem Wasser mit viel Pflanzenbewuchs auf oder ruht an Land unter Laub und Wurzeln. Dichte Ufervegetation, vermodertes Holz und schlammiger Untergrund bilden den bevorzugten Lebensraum.
Schutzstatus und Bedrohung
Die Schwarze Dickkopf-Schildkröte ist durch den internationalen Tierhandel und den Lebensraumverlust bedroht. In einigen Regionen wird sie auch zur Verwendung in der traditionellen chinesischen Medizin oder als Nahrung gefangen.
- IUCN: Vulnerable (gefährdet)
- WA (Washingtoner Artenschutzübereinkommen): Anhang II
- EU-Artenschutzverordnung: Anhang B
- Deutschland: Meldepflichtig nach BArtSchV
Frische Wildfänge sind in der EU nicht legal zu erwerben. Durch gezielte Nachzuchtprogramme und artgerechte Haltung kann ein Beitrag zum Schutz dieser bedrohten Art geleistet werden.
Lebensweise und Verhalten
Aktivitätsrhythmus
Die Schwarze Dickkopf-Schildkröte ist überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Tagsüber ruhen die Tiere meist versteckt im Wasser oder an Land. Manchmal graben sich Dickkopfschildkröten tagelang im Substrat des Landteils ein. In den frühen Abendstunden und nachts begeben sie sich auf Nahrungssuche.
Verhalten
Siebenrockiella crassicollis ist eine ausgesprochen ruhige und friedliche Art. Aggressionen gegenüber Artgenossen sind selten, sodass unter bestimmten Bedingungen auch eine Gruppenhaltung möglich ist (dazu weiter unten mehr). Die Tiere sind eher scheu, gewöhnen sich aber bei regelmäßiger, stressfreier Pflege gut an ihre Halter und zeigen dann ein durchaus neugieriges Verhalten.
Feindverhalten
Bei Bedrohung ziehen sich die Tiere blitzschnell in den Panzer zurück, der kräftige, breite Plastron und der fast quadratische Carapax bieten dabei guten Schutz. Die Art ist jedoch nicht besonders schnell oder wendig und setzt auf Tarnung und Unauffälligkeit als primäre Verteidigungsstrategie.

Morphologie und Geschlechtsunterschiede
Größe
Erwachsene Tiere erreichen meist eine Panzerlänge von etwa 15 bis 17 cm, in Einzelfällen auch bis 20 cm. Männchen bleiben in der Regel etwas kleiner als Weibchen. Das Gewicht ausgewachsener Tiere liegt zwischen 700 und 1000 g.
Panzerform
Der Carapax ist hochgewölbt, hat einen leichten Mittelkiel und ist hinten leicht gezackt. Die Färbung ist dunkelbraun bis schwarz, bei Jungtieren häufig mit helleren Zeichnungen. Der Plastron ist ebenfalls dunkel bis tiefschwarz, oft mit einem weißlichen Saum.
Kopf und Hals
Der Kopf ist wuchtig und rundlich mit schwarzer Grundfärbung. Auffällig sind die weißen oder gelblichen Linien am Kinn und Halsbereich, die individuell verschieden ausgeprägt sein können. Die Iris ist meist grau bis schwarz.
Geschlechtsunterschiede
Die Geschlechter lassen sich ab einer Panzerlänge von etwa 12 bis 14 cm unterscheiden. Männchen haben eine leicht konkaven Bauchpanzer, während der der weiblichen Dickkopf-Schildkröten flach ist. Im Gegensatz zum Weibchen verschwinden mit dem Alter die weißen Zeichnungselemente am Kopf der männlichen Exemplare. Das sicherste Unterscheidungsmerkmal ist jedoch der Schwanz und der Sitz der Kloakenöffnung bei ausgewachsenen Exemplaren. Der Schwanz der Männchen ist länger, dicker und an der Basis breiter als der der Weibchen. Die Kloake liegt beim Männchen weiter vom Plastron entfernt als beim Weibchen.

Ernährung
Die Schwarze Dickkopf-Schildkröte ist ein opportunistischer Allesfresser. In der Natur ernährt sie sich unter anderem von Insekten und deren Larven, Krebstieren (z. B. Süßwassergarnelen), Würmern, Schnecken, Wasserpflanzen, Algen, Fallobst, Beeren und anderen Früchten.
Siebenrockiella crassicollis werden oft als Fleischfresser bezeichnet, bei einer Studie zur Ernährung von Schwarzen Dickkopfschildkröten in der Natur wurde jedoch ein Anteil von fast 80 % pflanzlicher Kost festgestellt (Kimmel 1980). Neben verschiedenen Pflanzenblättern wurden auch Algen gefressen. Die tierische Nahrung bestand aus Fisch, Schnecken, Insekten und Muscheln (in absteigender Reihenfolge). Bei der Haltung im Aquarium nehmen diese Wasserschildkröten aber oft weniger pflanzliche Nahrung an, eventuell weil sie wissen, dass der Pfleger ihnen dann „besseres“ bringt.
Fütterung in Menschenobhut
In der Haltung empfiehlt sich eine abwechslungsreiche Ernährung, die sowohl tierische als auch pflanzliche Komponenten umfasst. Der tierische Anteil sollte etwa 60-70 % betragen und kann aus Heimchen, Grillen, Heuschrecken, Regenwürmern, Garnelen, Schnecken, Muschelfleisch und roten Mückenlarven bestehen. Bei der Fütterung von Fisch muss auf eine ausreichende Thiamin-Versorgung geachtet werden. Der Anteil pflanzlicher Nahrung sollte bei ausgewachsenen Schwarzen Dickkopfschildkröten bei 30-40 % liegen, bei Jungtieren kann er geringer sein. Mögliche Futterpflanzen sind beispielsweise Wasserlinsen, Wasserpest, Löwenzahn, Wegerich, Brennnessel und geriebene Karotten. Andere Früchte (z. B. Banane, Feigen) sollten nur in Maßen als seltenes Leckerli angeboten werden.
Man sollte auf eine ausreichende Kalziumversorgung, z. B. durch Sepiaschalen, achten.

Haltung im Aquarium
Die Haltung von Siebenrockiella crassicollis ist grundsätzlich gut möglich, erfordert aber ein durchdachtes Setup, das ihren Lebensgewohnheiten entspricht.
Ein möglichst naturnah gestaltetes Aquaterrarium ist ideal. Wichtig ist ein großzügiger Landteil mit Verstecken sowie ein flacher Wasserbereich mit stellenweise tieferem Wasser (30–40 cm).
Mindestanforderungen an das Becken
Das Aquarium für eine Schwarze Dickkopf-Schildkröte muss mindestens 100 x 50 x 50 cm (Länge x Breite x Höhe) groß sein. Besser sind Aquarien mit 120 x 60 x 60 cm, für zwei oder mehr Tiere empfiehlt sich eine Länge ab 150 cm.
Wasser
Die Schwarze Dickkopfschildkröte ist eher eine kletterfreudige Wasserschildkröte, dennoch sollte der Wasserstand ruhig 30- 40 cm betragen. Mit ausreichender Strukturierung und der Möglichkeit die Wasseroberfläche kletternd zu erreichen kommen die Schildkröten mit solch einem Wasserstand problemlos zurecht und haben die Möglichkeit auch richtig zu schwimmen. Als Bodengrund ist eine Sandschicht zu empfehlen.
Zur Filterung empfiehlt sich ein leistungsstarker Außenfilter. Wöchentliche Teilwasserwechsel von 25–50 % tragen zudem zu einer guten Wasserqualität bei. Einige Halter verwenden eine UVC-Klärung zur Reduktion von Keimen.
Landteil und Strukturierung
Mit Korkrinden, Wurzeln, und Steinen sollte eine reichhaltige Struktur in das Aquarium eingebracht werden. Gerne werden von den Schildkröten auch Laubschichten aus Eichen- oder Buchenlaub angenommen, die aber das Wasser mit der Zeit durch Verrottung etwas unansehnlich machen. Alternativ werden auch Wasserpflanzen, wie Hornkraut oder Wasserpest, gerne zur Deckung angenommen.
Der Landteil sollte einen leichten Ein- und Ausstieg und mit tiefem feuchtem Substrat (z. B. Kokoshumus, Erde-Sand-Gemisch) gefüllt sein, um so auch als Eiablageplatz zu dienen.
Beleuchtung
Zur Beleuchtung Tageslichtlampe mit UV-A/B-Anteil ideal, am besten eine Halogen-Metalldampf-Lampe, auch wenn die Schwarze Dickkopf-Schildkröte nicht so ein ausgeprägtes Sonnenverhalten wie beispielsweise Schmuckschildkröten zeigt. Die Beleuchtungsdauer kann im Winter bei 8-9 Stunden liegen und im Sommer mit 14 Stunden deutlich länger sein, in den Übergangszeiten Werte dazwischen. Unter der Lampe muss auf dem Landteile eine Temperatur von mindestens 40 °C erreicht werden.

Vergesellschaftung
Die Art ist friedlich und kann bei ausreichend Platz und Strukturierung auch in kleinen Gruppen gehalten werden. Selbst die ganzjährige Pflege eines Männchens mit mehreren Weibchen kann klappen (Schilde 2004), bei manchen Individuen ist jedoch eine zeitweise Separierung des Männchens nötig (Nickl 2015). Nur mehrere männliche Exemplare der Schwarzen Dickkopf-Schildkröte in einem Aquarium funktioniert nicht. Dennoch sollten die Tiere stets beobachtet und bei Stress oder Dominanzverhalten getrennt werden können. Die gemeinsame Pflege mit anderen Schildkrötenarten ist nicht zu empfehlen, dabei kommt Siebenrockiella crassicollis beim Futter meist zu kurz (Schilde 2004).
Überwinterung und Ruhephase
Siebenrockiella crassicollis zeigt in ihrer Heimat keine echte Winterruhe, sondern eine sogenannte Trocken- oder Aktivitätsruhe bei kühleren Temperaturen. In der Terrarienhaltung ist keine klassische Überwinterung nötig.
Viele Halter berichten jedoch von einer jahreszeitlichen Aktivitätsdämpfung in den Wintermonaten. In dieser Zeit kann man die Temperatur auf etwa 22–23 °C absenken und die Beleuchtungsdauer leicht verkürzen (8–9 Stunden). Futteraufnahme und Bewegungsdrang nehmen in dieser Zeit meist ab. Im Sommer sollte die Wassertemperatur zwischen 24 und 28 °C liegen.

Zucht
Bei optimaler Haltung kommt es nicht selten zur Fortpflanzung. Die Art ist jedoch kein häufiger Pflegling, sodass unterm Strich dennoch wenig Nachzuchten in Europa angeboten werden. Die Paarung erfolgt im Wasser, wobei das Männchen das Weibchen besteigt und mit den Vorderkrallen festhält. Die Eiablage findet an Land statt, meist nachts oder in den frühen Morgenstunden.
Im Zoo Zürich legten die Weibchen in der Regel nur ein Ei pro Gelege, in Einzelfällen auch mal zwei. Die Eier waren durchschnittlich 52,1 x 28,0 mm groß und wogen 27,2 g (Spanne: 21-33 g). Die Eiablagen fanden das ganze Jahr über statt, der Schwerpunkt lag jedoch im Zeitraum April bis Juli. Die Brutdauer lag zwischen 69 und 84 Tagen bei einer Bruttemperatur von 29-30 °C. Nach dem Schlupf sind die Jungtiere zwischen 43 und 46 mm lang und wiegen 14-15 g. Nach dem Schlupf vergruben sich die Schlüpflinge zunächst für ein paar Tage im Bodengrund und resorbieren in dieser Zeit die Reste ihres Dotters (HONEGGER 1986).
Verschiedene Züchter (z. B. Nickl 2015, Schilde 2004) hatten bei Bruttemperaturen zwischen 25 und 30 °C erfolgreiche Nachzuchten nach einer Brutdauer zwischen 70 und 120 Tagen. Die Weibchen können bis zu sechs Gelege pro Jahr haben (Nickl 2015). Die Bruttemperatur hat keinen Einfluss auf das Geschlecht, Siebenrockiella crassicollis hat eine genetische Geschlechtsfixierung (Hennig 2020).
Die Jungtiere der Schwarzen Dickkopf-Schildkröte sind beim Schlupf recht groß und relativ robust. Eine Einzelaufzucht in flachen Aufzuchtbecken mit guter Filterung ist zu empfehlen, aber auch die Aufzucht in kleinen Gruppen kann gelingen. Mit ein paar Wasserpflanzen (z. B. Hornkraut oder Wasserpest) werden Versteckmöglichkeiten geschaffen. Zu Beginn nehmen die Schlüpflinge eventuell nur Lebendfutter in Form von Mückenlarven oder Tubifex.
Literatur
Hennig, A. S. (2020): Inkubation von Schildkröteneiern. – Chimaira-Verlag, 253 S.*
Honegger, R. E. (1986): Zur Pflege und langjährigen Nachzucht von Siebenrockiella crassicollis (GRAY, 1831). – Salamandra 22(1), S. 1-10.
Kimmel, C. E. (1980): A diet and reproductive study for selected species of Malaysian turtles. – Master Thesis, Eastern Illinois University Charleston, Illinois, 39 S.
Nickl, S. (2015): Unscheinbar, aber doch sympathisch – Erfahrungen bei der Pflege der Schwarzen Dickhalsschildkröte (Siebenrockiella crassicollis GRAY 1831). – Sacalia 13(47), S. 6-20.
Schilde, M. (2004): Asiatische Sumpfschildkröten. – Natur und Tier-Verlag (Münster), 190 S.
Turtle Taxonomy Working Group [Rhodin, A.G.J., Iverson, J.B., Bour, R., Fritz, U., Georges, A., Shaffer, H.B., and van Dijk, P.P.] (2021): Turtles of the World: Annotated Checklist and Atlas of Taxonomy, Synonymy, Distribution, and Conservation Status (9th Ed.). In: Rhodin, A.G.J., Iverson, J.B., van Dijk, P.P., Stanford, C.B., Goode, E.V., Buhlmann, K.A., and Mittermeier, R.A. (Hrsg.). Conservation Biology of Freshwater Turtles and Tortoises: A Compilation Project of the IUCN/SSC Tortoise and Freshwater Turtle Specialist Group. Chelonian Research Monographs 8:1–472 S.