Weichschildkröten sind faszinierende Schildkröten, im Gegensatz zu den üblichen hartschaligen Schildkrötenarten haben Weichschildkröten einen lederartigen weichen Panzer. Dieser Panzer bietet natürlich weniger Schutz, daher sind Weichschildkröten aggressiver als andere Wasserschildkröten. Ein weiterer Ausgleich für den weichen Panzer ist eine andere Verhaltensweise, Weichschildkröten verbuddeln sich gerne im sandigen Bodengrund.
Von den vielen Weichschildkröten-Arten wird die Chinesische Weichschildkröte am häufigsten gepflegt. In der Natur sind die Chinesischen Weichschildkröten hingegen fast ausgestorben. Ursache dafür ist neben der Zerstörung des Lebensraums auch der Fang für asiatische Lebensmittelmärkte und die traditionelle chinesische Medizin.
Mit ihren sehr langen Hälsen und riesigen Flipper-ähnlichen Füßen sind sie ausgezeichnete Schwimmer und sehr effektive Raubtiere. Ihre Ernährungsweise ist überwiegend carnivor (also fleischfressend). Sie fressen Würmer, Insekten, Schnecken, Krustentiere und Fische. Eine faszinierende und doch sehr einfach zu haltende Wasserschildkröte.
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Systematik
Die Schildkröte, die wir in Europa als Chinesische Weichschildkröte kennen, ist in letzter Zeit von Wissenschaftlern taxonomisch ganz schön bearbeitet worden. Eigentlich war viele Jahre der Name Pelodiscus sinensis für alle Chinesischen Weichschildkröten gesetzt. Inzwischen wurde die Gattung in viele Formen aufgesplittet:
- Pelodiscus axenaria – Hunan Weichschildkröte
- Pelodiscus huangshanensis – Huangshan-Weichschildkröte
- Pelodiscus maackii – Amur Weichschildkröte
- Pelodiscus parviformis – Kleine Chinesische Weichschildkröte
- Pelodiscus sinensis – DIE Chinesische Weichschildkröte
- Pelodiscus variegatus – Gefleckte Weichschildkröte
Dies ist vermutlich auch noch nicht das Ende der Fahnenstange und weitere Arten werden hinzukommen. Inwiefern in den asiatischen Zuchtfarmen auf eine separate Haltung dieser Formen geachtet wurde ist fraglich, es gibt bereits Nachweise für Hybriden auf den Farmen (GONG et al. 2018). Ob sich die in Europa befindlichen Exemplare ganz klar einer der Arten zuordnen lassen ist ebenso fraglich.
Der Name Trionyx sinensis ist ein veralteter Name für die Chinesische Weichschildkröte
Größe
Von KUZMIN (2002) wird eine maximale Panzerlänge von 33 cm angegeben, auch wenn in älterer Literatur teilweise bis zu 45 cm angegeben werden. Die Angaben zur Endgröße bei der Chinesischen Weichschildkröte schwanken, dies ist eventuell auch darauf zurückzuführen, dass die Arten bisher nicht klar differenziert waren. Nach FARKAS et al. (2019) und GONG et al. (2021) erreichen diese Wasserschildkröten folgende Panzerlängen:
- Pelodiscus axenaria: 20 cm
- Pelodiscus huangshanensis: 10 cm
- Pelodiscus maackii: mehr als 35 cm
- Pelodiscus parviformis: 16 cm
- Pelodiscus sinensis: 23 cm
- Pelodiscus variegatus: 23 cm
Männliche Weichschildkröten aus dem Pelodiscus-Formenkreis bleiben allgemein etwas kleiner als Weibchen.
Verbreitungsgebiet
Die Chinesische Weichschildkröte (Pelodiscus sinensis) ist in China weit verbreitet (Anhui, Fujian, Gansu, Guangdong, Guangxi, Guizhou, Hainan, Hebei, Henan, Hong Kong, Hubei, Hunan, Jiangsu, Jiangxi, Nei Mongol, Shaanxi, Shandong, Shanxi, Sichuan, Yunnan, Zhejiang) und kommt auch in Taiwan vor (TTWG 2017).
Albino-Weichschildkröten
Die genaue Artzugehörigkeit der als Albino angebotenen Chinesischen Weichschildkröten ist nicht bekannt. Von LAICHER & MÜNCHEBERG (2020) wird angegeben, dass Albino-Weichschildkröten eine Panzerlänge von 12-14 cm erreichen. Mit 12 cm Panzerlänge legen die Weibchen bereits Eier. Es werden bis zu acht Gelege mit jeweils 4-10 Eiern abgesetzt.
Vermutlich lässt sich die Albino-Weichschildkröte keiner Art mehr genau zuordnen, es wurden schlicht alle Weichschildkröten-Albinos gemischt, so dass jetzt eine Haustier-Form der Weichschildkröte existiert. Von allen Albino-Schildkröten ist die Albino-Weichschildkröte die günstigste, da sie in Asien in Zuchtfarmen in großem Stil vermehrt wird.
Wie anmutige Meeresschildkröten gleiten diese goldgelben Weichschildkröten durch ihr Becken und bieten einen unglaublichen Anblick. Die Pflege der Albino-Weichschildkröte ist identisch mit den normalgefärbten.
Aquarium
Für Weichschildkröten bis 15 cm Panzerlänge genügt ein Aquarium mit der Grundfläche 100 x 40 cm, der Wasserstand sollte so sein, dass auf den Hinterbeinen stehende Weichschildkröten mit dem „Rüssel“ die Wasseroberfläche so gerade noch erreichen können (LAICHER & MÜNCHEBERG 2020).
Grundsätzlich sollte die Aquarienlänge mindestens der fünffachen Panzerlänge entsprechen. Weichschildkröten verbringen zwar viel Zeit im Sand vergraben, aber sie sind excellente Schwimmer und erkunden das Becken ausgiebig.
Grundsätzlich ist der Bodengrund ein extrem wichtiger Einrichtungsgegenstand für Weichschildkröten, denn sie verbringen viel Zeit darin vergraben. Ihr weicher Panzer bietet wenig Schutz, so können sie im Boden vergraben diesen Nachteil kompensieren. Daher muss der Bodengrund unbedingt aus Sand bestehen. Der Bodengrund bei Jungtieren sollte aus einer 6-8 cm dicken Sandschicht bestehen. Die Dicke der Sandschicht wird mit dem Wachstum weiter erhöhrt, so dass die Sandschicht immer mindestens der doppelten Panzerhöhe entspricht, besser jedoch der einfachen Panzerbreite. So können sich die Weichschildkröten bequem im Bodengrund eingraben.
Schwere Einrichtungsgegenstände, wie Steine, haben bei Weichschildkröten im Aquarium nichts zu suchen, eben weil die Schildkröten es untergraben würden. Mit ein paar Wurzeln kann man aber über der Sandschicht etwas Struktur schaffen. Sogar eine Bepflanzung ist möglich, allerdings nicht mit Pflanzen die im Substrat Wurzeln bilden. Gut hingegen ist beispielsweise frei schwimmendes Hornkraut geeignet.
Zur Filterung sind Topf-Außenfilter zu empfehlen, denn Innenfilter fallen der Zerstörungswut von Weichschildkröten schnell zum Opfer.
Beleuchtung & Landteil
Oftmals wird behauptet, dass Weichschildkröten kein Landteil benötigen würden. Das ist falsch. Weichschildkröten nehmen sowohl in der Natur, als auch im Aquarium gelegentlich ein Sonnenbad. Nicht so häufig wie Schmuckschildkröten, aber sie tun es. Daher muss den Schildkröten auch bei Aquarienhaltung die Möglichkeit dazu gegeben werden.
Für Jungtiere und männliche Weichschildkröten genügt bereits ein Landteil aus Kork oder eine Weidenholzbrücke. Pflegt man weibliche Weichschildkröten, so muss ihnen ein Eiablageplatz mit mindestens 20 cm Substrattiefe zur Verfügung stehen.
Zur Beleuchtung haben sich bei Weichschildkröten Halogen-Metalldampf-Lampen mit UV-Anteil bewährt. Für Jungtiere bis 15 cm genügt eine hqi mit 35 Watt, beispielsweise das SolarRaptor HID-Lamp Set inkl. EVG + ClampLamp* oder das Exo Terra Sun Ray Beleuchtungskomplettset*. Für größere Weichschildkröten sollte es eine 70 Watt-Lampe sein, ich empfehle folgendes Komplett-Set: Lucky Reptile Bright Sun Set Turtle*. Der Abstand der Lampe zum Sonnenplatz auf dem Landteil wird so gewählt, dass dort eine Temperatur von 40-45 °C erreicht wird.
Der Panzer von Weichschildkröten scheint einfacher UV-B-Licht „durchzulassen“, so dass weniger langes und intensives Sonnenbaden nötig ist, um ausreichend Vitamin D zu produzieren. Infolgedessen kann das Sonnenbaden auf der Wasseroberfläche bereits ausreichend sein und sie müssen dafür nicht unbedingt die Sicherheit des Wassers verlassen.
Ernährung
In der Natur fressen Chinesische Weichschildkröten zwar vor allem in der Dämmerung und nachts, aber im Aquarium nehmen sie auch tagsüber bereitwillig Futter an.
Die Ernährung von Chinesischen Weichschildkröten in der Natur ist vorrangig carnivor, es sind also Fleischfresser. Sie fressen Würmer, Muscheln, Schnecken, Krebstiere, Amphibien und Fische, aber auch Samen und andere Teile von der Stachelseerose (Euryale ferox) (ERNST & LOVICH 2009). Mit getrockneten Futtertieren, Frostfutter und Lebendfutter kann man dies im Aquarium problemlos nachstellen. Während Jungtiere im Jahr des Schlupfes ruhig noch täglich gefüttert werden können, genügt es ausgewachsene Weichschildkröten ein- bis dreimal pro Woche zu füttern.
Von keiner Schildkröte ist der Bedarf an den verschiedensten Nährstoffen so gut bekannt, wie von der Chinesischen Weichschildkröte, daher habe ich dazu eine eigene Seite gemacht: Nährstoffbedarf.
Jahresrhythmus
Von LAICHER & MÜNCHEBERG (2020) werden Albino-Weichschildkröten im Winter bei 21-23 °C gehalten und im Sommer bei 25-28 °C. Ich pflege meine Chinesischen Weichschildkröten alle nach dem Südosten-Rhythmus:
Monat | Licht- Länge | Wasser- Temp. |
Januar | 0 h | 10-15 °C |
Februar | 0h | 10-15 °C |
März | 6 h | 17-20 °C |
April | 8 h | 21 °C |
Mai | 10 h | 24 °C |
Juni | 13 h | 27 °C |
Juli | 13 h | 28 °C |
Aug. | 11 h | 28 °C |
September | 10 h | 25 °C |
Oktober | 8 h | 22 °C |
November | 5/3/1/0 h | 17-20 °C |
Dezember | 0 h | 10-15 °C |
Bei der Überwinterung von Weischildkröten verwende ich einen Bodengrund, im Unterschied zu meinen anderen Wasserschildkröten. In die Überwinterungbox kommt eine dicke Sandschicht, in die sich die Weichschildkröten einbuddeln können. Darüber steht ganz normal eine Schicht Wasser mit Buchen- oder Eichenlaub.
Aggressivität
Weichschildkröten sind aggressiver als andere Wasserschildkröten. Ihr Panzer bietet wenig Schutz, da beißen sie schnell mal zu. Wenn man sie in die Hand nimmt, dann wundert man sich, wie lang ihr Hals werden kann. Selbst wenn man Chinesische Weichschildkröten an der hinteren Panzerhälfte greift, können die Schildkröten einen beißen.
Auch untereinander sind Chinesische Weichschildkröten sehr aggressiv. Sie sind sehr territorial und können ständig andere Bewohner beißen und jagen. Daher ist es empfehlenswert diese Schildkrötenart einzeln zu halten, bereits als Jungtier.
Zucht
Chinesische Weichschildkröten erreichen mit etwa 14-18 cm die Geschlechtsreife. Wie bei anderen Wasserschildkröten finden die Paarungen im Frühjahr statt und die Gelege werden im Frühjahr und Sommer abgesetzt. Ihre Eier vergraben sie in bis zu 20 cm Tiefe. Jedes Weibchen kann bis zu fünf Gelege mit jeweils 5-50 Eiern ablegen.
Weichschildkröten (Familie Trionychidae) haben grundsätzlich eine genetische Geschlechtsfixierung, das Geschlecht wird also nicht durch die Bruttemperatur beeinflusst. So lässt sich auch bei der Chinesischen Weichschildkröte das Geschlecht mit Hilfe der Bruttemperatur nicht beeinflussen. Idealerweise werden die Eier bei etwa 28 °C bebrütet, nach etwas mehr als 50 Tagen schlüpfen dann die Babys.
Das Wachstum von Chinesischen Weichschildkröten ist rasant. Nach dem Schlupf mit 3-3,5 g erreichen sie im Schlupfjahr 11,5 bis 18,0 g, mit einem Jahr bereits 100,0 – 125,5 g, mit zwei Jahren wiegen sie 220,0 – 263,0 g und mit drei Jahren bereits 450,0 – 480,0 g (WANG et al. 1997).
Buchtipp
Das Art-für-Art-Buch „Die Chinesische Weichschildkröte*“ vom Weichschildkröten-Spezialisten Dieter Gramentz ist ein tolles Buch und gehört in die Bibliothek eines jeden Pflegers von Weichschildkröten.
Literatur
Farkas, B., Ziegler, T., Pham, C. T., Ong, A. V., & U. Fritz (2019): A new species of Pelodiscus from northeastern Indochina (Testudines, Trionychidae). – ZooKeys, (824), 71. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6382751/
Gong, S., Vamberger, M., Auer, M., Praschag, P. & U. Fritz (2018): Millennium-old farm breeding of chinese softshell turtles (Pelodiscus spp.) results in massive erosion of biodiversity. – The Science of Nature, 105(5-6), 34.
Gong, Y.-A., L.-F. Peng, S. Huang, Y.-F. Lin, R.-Y. Huang, Y.-H. Xu, D.-C. Yang & L.-W. Nie (2021): A new species of the Genus Pelodiscus FRITZINGER, 1835 (Testudines: Trionychidae) from Huangshan, Anhui, China. – Zootaxa 5060(1): S. 137-145.
Kuzmin, S. L. (2002): The turtles of Russia and other Ex-Soviet reptublics. – Chimaira, 159 S.*
Laicher, T. & F. Müncheberg (2020): Haltung und Zucht der chinesischen Albino-Weichschildkröte, Pelodiscus sp. – Reptilia (141): S. 58-64.
Turtle Taxonomy Working Group [Rhodin, A.G.J., J.B. Iverson, R. Bour, U. Fritz, A. Georges, H.B. Shaffer & P.P. van Dijk] (2017): Turtles of the World: Annotated Checklist and Atlas of Taxonomy, Synonymy, Distribution, and Conservation Status (8th Ed.). – In: Rhodin, A.G.J., J.B. Iverson, P.P. van Dijk, R.A. Saumure, K.A. Buhlmann, P.C.H. Pritchard & R. A. Mittermeier (Hrsg.): Conservation Biology of Freshwater Turtles and Tortoises: A Compilation Project of the IUCN/SSC Tortoise and Freshwater Turtle Specialist Group. – Chelonian Research Monographs 7: S. 1–292.
Wang, D., Z. Tang & Y. Tan (1997): Biochemical compositions of chinese soft-shelled turtle (Trionyx sinensis). – Acta Hydrologica Sinica 21(4): 299-305.