Dach-Moschusschildkröte, Sternotherus carinatus

Der Name der Dach-Moschusschildkröte ist zum einen auf ihre Panzerform, welche einem Spitzdach gleicht zurückzuführen. Zum anderen haben alle Moschusschildkröten die Möglichkeit ein übelriechendes Sekret abzusondern, mit dessen Gestank Feinde vertrieben werden sollen. Wenn du Moschusschildkröten in die Hand nimmst, wirst du den moschusartigen Geruch bald feststellen.

Wissenschaftliche Namen sind oft geeigneter, wenn man sich mit anderen Schildkrötenfreunden über seine Tiere unterhält. Denn Sternotherus carinatus wird im Deutschen auch Gekielte Moschusschildkröte oder Helle Moschusschildkröte genannt.

In älterer Literatur wird ein anderer wissenschaftlicher Name verwendet, nämlich Kinosternon carinatum. Eine Zeit lang hat man nämlich alle Moschusschildkröten zusammen mit den Klappschildkröten in eine Gattung gesteckt. Diese Auffassung hat sich aber nicht durchgesetzt.

Dach-Moschusschildkröte im Aquarium

Verbreitung & Lebensraum

Die Dach-Moschusschildkröte stammt aus der Golfküstenebene im Süden der USA. Die Verbreitung von Sternotherus carinatus erstreckt sich von Texas über Oklahoma, Arkansas, Louisiana und Mississippi. Obwohl sie als Angehörige der Moschusschildkröten nicht gerne schwimmt, sondern sich lieber kletternd fortbewegt, bewohnt die Dach-Moschusschildkröte gerne tiefere Gewässer mit weichem Bodengrund und nur seichter Strömung.

Wie alle Moschusschildkröten ist auch die Dach-Moschusschildkröte sowohl am Tag, als auch in der Nacht aktiv.

Größe

Dach-Moschusschildkröten sind die größten Moschusschildkröten, Männchen können bis 17,6 cm groß werden. In der Regel bleiben männliche Sternotherus carinatus mit 10-15 cm aber kleiner. Weibchen der Dach-Moschusschildkröte erreichen maximal 14 cm Panzerlänge. Aber nicht nur was die Länge angeht sind sie die größten Moschusschildkröten, sie sind mit ihrem dachartigen Panzer auch die höchsten und schwersten Moschusschildkröten. Ausgewachsene Sternotherus carinatus wirken regelrecht bullig.

Zwei ausgewachsene weibliche Moschusschildkröten im Größenvergleich. Rechts eine Nackenstreifen-Moschusschildkröte (Sternotherus minor peltifer) und links eine Dach-Moschusschildkröte (Sternotherus carinatus)

Wenn man plant eine kleinbleibende Wasserschildkröte zu pflegen, dann ist die Dach-Moschusschildkröte keine ideale Wahl. Alle anderen Moschusschildkröten sind deutlich kleiner und daher für die Haltung in einem (relativ) kleinen Aquarium viel besser geeignet. Die Gewöhnliche Moschusschildkröte sieht völlig anders aus, aber die beiden Unterarten von der Zwerg-Moschusschildkröte (also Sternotherus minor minor und Sternotherus minor peltifer) kann man auf den allerersten flüchtigen Blick durchaus mit Dach-Moschusschildkröten verwechseln. Vielleicht eine gute Alternative.

Aquarium

Für Dach-Moschusschildkröten empfiehlt sich Einzelhaltung. Männchen müssen unbedingt einzeln gehalten werden. Bei Weibchen kann eine Gruppenhaltung klappen, aber es besteht immer das Risiko, dass sie sich beißen und man sie trennen muss. Wirklich gut und dauerhaft funktionierende Weibchengruppen sind eher die Ausnahme.

Die Dach-Moschusschildkröte ist die größte Sternotherus-Art

Diese Moschusschildkröten benötigen ein etwas größeres Aquarium als andere Moschusschildkröten. Als gutes Maß hat sich ein Becken der Größe 100 x 50 x 50 cm erwiesen. Natürlich ist auch ein größeres Aquarium möglich. Der Wasserstand für größere Dach-Moschusschildkröten sollte 30-40 cm betragen. Ich halte meine Jungtiere schon bei einer Wassertiefe von 15 cm. Natürlich schwimmen Moschusschildkröten nicht so ausgiebig wie Schmuckschildkröten, man sollte ihnen jedoch schon die Möglichkeit dazu bieten. Bei Moschusschildkröten ist es jedoch wichtig, dass diese Wasserschildkröten auch die Möglichkeit haben die Wasseroberfläche kletternd zu erreichen. Dies kann man mit einer schönen Wurzel oder Steinen erreichen.

Die Bepflanzung des Aquariums mit diversen Wasserpflanzen kann man bei Dach-Moschusschildkröten probieren. Bei Schlüpflingen und Jungtieren klappt das meistens noch ganz gut. Später werden Dach-Moschusschildkröten aber große und rabiate Gesellen, dann werden Wasserpflanzen oftmals ausgebuddelt oder anderweitig zerstört. Mit frei treibenden Pflanzen, wie Hornkraut oder Wasserlinsen hat man dann dennoch eine Chance auf etwas Grünzeug im Aquarium. Gefressen wird davon höchstens einmal im Hochsommer und dann auch selten so viel, dass nicht noch genügend Wasserlinsen übrig bleiben.

Diese Sternotherus carinatus nutzt die Struktur-Rückwand im Aquarium als Kletterhilfe

Zur Filterung verwende ich bei Moschusschildkröten gerne Hamburger Mattenfilter, die Tiere klettern dran auch gerne zur Wasseroberfläche.

Ein Korkteil oder Weidenholzbrücke bilden den Landteil. Für Weibchen muss ein Eiablageplatz ständig zur Verfügung stehen, andernfalls kann es zu einer potentiell tödlichen Legenot kommen. Das Landteil suchen Dach-Moschusschildkröten nur selten zum Sonnenbad auf. Dennoch muss man ihnen die Möglichkeit dazu geben. Oftmals scheitert das Sonnenbad an einer guten Beleuchtung, denn nur mit einer wirklich guten Beleuchtung sonnen sich Moschusschildkröten auch gerne.

Beleuchtung

Der Beleuchtung von Moschusschildkröten wird oft nur eine geringe Bedeutung zugeschrieben. Sicherlich sterben Moschusschildkröten nicht, wenn sie kein UV-Licht abbekommen, aber naturnah ist es nicht. Außerdem muss man bedenken, dass Moschusschildkröten das UV-Licht auch sehen können. Die Grundbedürfnisse einer Moschusschildkröten sind gestillt, wenn ihnen eine UV-Leuchtstoffröhre in voller Aquarienlänge in Kombination mit einem Spotstrahler geboten wird. Der Spotstrahler wird auf das Landteil gerichtet. Unter dem Spot sollte eine Temperatur von 40-45 °C erreicht werden, so können Moschusschildkröten ihre Körpertemperatur regulieren.

Die bessere Beleuchtung für Moschusschildkröten ist eine Halogen-Metalldampf-Lampe mit UV-B-Anteil. Diese bietet nicht nur mehr Licht, sondern auch Wärme und UV-B. Man benötigt dann nur eine Lampe. Moschusschildkröten sollen sich selten oder fast nie sonnen, das stimmt auch. Aber mit einer hochwertigen Beleuchtung sonnen sich diese Wasserschildkröten tatsächlich öfter! Für Moschusschildkröten genügt eine 35 Watt-HQI, beispielsweise die Exo Terra Sun Ray oder Solar Raptor HID. Diese Lampen sollten über dem Landteil angebracht werden, der Abstand wird so gewählt, dass 40-45 °C auf dem Sonnenplatz erreicht werden.

Sternotherus carinatus sind liebenswerte Pfleglinge

Ernährung

Mit ihren großen Köpfen und starken Kiefern fressen Dach-Moschusschildkröten gerne Mollusken, wie Schnecken und Muscheln.

Bei einer Studie zur Ernährung von Sternotherus carinatus (Atkinson 2013) gab es Unterschiede in der Ernährung, in Abhängigkeit davon wie häufig die Körbchenmuschel (Corbicula sp.) im Lebensraum vorkam, je häufiger diese Muschel vorkam, desto mehr wurde auch davon gefressen. Der Gesamtanteil aufgenommener Mollusken (Muscheln und Schnecken) lag zwischen 17,6 und 84,2 %, am niedrigsten war er wenn keine Körbchenmuscheln vorkamen, dann wurden vor allem mehr Krebse verzehrt. Der Anteil pflanzlicher Nahrung war gering.

Körbchenmuscheln0-82,9 %
Muscheln der Familie Unionidae0-10,6 %
Schnecken1,3-21,2 %
Insekten10-13,5 %
Krebse0-15,1 %
Samen0-13,9 %
Blätter0-6 %
Zusammensetzung der Nahrung von Dach-Moschusschildkröten in der Natur in Prozent der aufgenommenen Nahrung (Atkinson 2013)

Im Zoofachhandel ist Wasserschildkrötenfutter erhältlich, dies sollte jedoch nicht ausschließlich verfüttert werden. Es können auch die verschiedensten Würmer, Bachflohkrebse (Gammarus), Ameisenpuppen, Larven, Regenwürmer, Heuschrecken, kleine Süßwasserfische, Fischstückchen etc. verfüttert werden. Mehlwürmer und Zophobas sollten nur selten verfüttert werden, da sie sehr fettreich sind. Auf Meeresfisch sollte wegen des hohen Salzgehaltes verzichtet werden, also nur ungewürzten Süßwasserfisch füttern. Schlüpflinge fressen unter Umständen am Anfang nur Lebendfutter, wie Mückenlarven (alle „Farben“), kleine Regenwürmer, Wasserflöhe und Tubifex.

Moschusschildkröten schnappen sich auch mal einen Fisch als Snack

Moschusschildkröten sind fast reine Fleischfresser, sie fressen also so gut wie keine Pflanzen. Bei Untersuchungen in der Natur lag der Anteil pflanzlicher Kost bei unter 10 %. Wenn eine Dach-Moschusschildkröte keine Pflanzen frisst ist es also durchaus normal. Manche Exemplare nehmen jedoch im Hochsommer geriebene Möhren an.

Moschusschildkröten verstecken sich gerne in halbierten Blumentöpfen

Überwinterung & Wassertemperatur

Dach-Moschusschildkröten werden bei Temperaturen von 25-28 °C im Sommer und 10-15 °C im Winter gehalten. Die Temperaturen werden über mehrere Wochen langsam erhöht bzw. gesenkt. Die Überwinterung findet entweder im Keller oder im Kühlschrank statt. Zwei Wochen vor der Einwinterung wird die Fütterung eingestellt.

MonatLicht-
Länge
Wasser-
Temp.
Januar0 h10-15 °C
Februar0h10-15 °C
März6 h17-20 °C
April8 h21 °C
Mai10 h24 °C
Juni13 h27 °C
Juli13 h28 °C
Aug.11 h28 °C
September10 h25 °C
Oktober8 h22 °C
November5/3/1/0 h17-20 °C
Dezember0 h10-15 °C

Genauere Informationen zur Einwinterung findest du hier in der Überwinterungs-Rubrik. Eine einfache Videoanleitung auf unserem YouTube-Kanal: Einwinterung von Wasserschildkröten.

Der Chinese rechts im Bild wird gerne als Klettermöglichkeit angenommen

Geschlechtsbestimmung

Mit knapp zehn Zentimetern erreichen Dach-Moschusschildkröten die Geschlechtsreife. Etwas vorher kann man bereits das Geschlecht bestimmen. Männchen haben dickere und längere Schwänze als Weibchen.

Links Weibchen der Dach-Moschusschildkröte und rechts männliche Sternotherus carinatus

Zucht

Zur Paarungszeit (Frühjahr und Herbst) werden die Geschlechter für einige Tage zusammengesetzt. Mit ersten Eiablagen ist fünf bis sechs Wochen nach der Paarung zu rechnen. Ein Gelege kann bis zu sieben Eier enthalten, meistens sind es zwei bis drei Eier. Pro Saison legt jedes Weibchen in der Regel zwei oder drei Gelege an. Bei 26 °C entwickeln sich Männchen in den Eiern, bei 30 °C überwiegend Weibchen. Die Brutdauer ist mit bis zu 140 Tagen relativ lang, oft mit 75-90 Tagen aber kürzer. Hinweise zur Inkubation der Eier gibt es auf der Seite Eier ausbrüten.

Eine wenige Wochen alte Dach-Moschusschildkröte (Sternotherus carinatus). Charakteristisch für die Jungtiere ist die Punktzeichnung am Kopf, den Gliedmaßen sowie dem Rücken- und Bauchpanzer.

Buchtipps

Schlammschildkröten von Maik Schilde* aus dem Natur und Tier-Verlag, ist leider nurmehr gebraucht erhältlich. Die Moschusschildkröten gehören zu den Schlammschildkröten und sind daher auch in diesem Buch erwähnt. Es ist sicherlich das beste Buch zu Schlammschildkröten, aber leider nicht mehr ganz aktuell.

Links

Im Text über die Gewöhnliche Moschusschildkröte (Sternotherus odoratus) auf dieser Homepage stehen viele Dinge, zum Beispiel zur Beckeneinrichtung, Beleuchtung und zum Schwimmvermögen, die auch für die Dach-Moschusschildkröte gelten

www.klappschildkroete.de/moschusschildkroete-sternotherus.html Informationen zu Moschusschildkröten auf „den“ Klappschildkröte-Seiten

www.schildkroetenteiche.de/ster.pdf Ausführliche Infos zu Moschusschildkröten von H. Vetter

Bauchpanzer einer jungen Dach-Moschusschildkröte (Sternotherus carinatus)
Bauchpanzer einer ausgewachsenen Dach-Moschusschildkröte (Sternotherus carinatus)


Literatur

Atkinson, C.L. (2013): Razor-backed musk turtle (Sternotherus carinatus) diet across a zone of invasion. – Herpetological Conservation and Biology 8: S. 561-570.